Antrag: | Ostsee im Wandel: Lebensräume retten, Frieden sichern |
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Antragsteller*in: | Hannes Damm (KV Vorpommern-Greifswald) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 19.05.2025, 23:56 |
L1-Ä2: Ostsee im Wandel: Lebensräume retten, Frieden sichern
Antragstext
Von Zeile 55 bis 57 einfügen:
Tonnen Phosphor und 14.100 Tonnen Stickstoff in die Ostsee, überwiegend aus landwirtschaftlichen Quellen [3]. Durch fortschreitende Korrosion versunkener Weltkriegsmunition treten bereits heute giftige Sprengstoffverbindungen aus – mit zunehmender Gefahr für die
Mehr als nur ein Meer: die Ostsee. Sie prägt unser Leben in Mecklenburg-
Vorpommern auf vielfältige Weise. Sie formt von jeher unsere Landschaft, liefert
Energie und Nahrung. Als Klimafaktor sorgt sie für angenehm kühle Sommer und
milde Winter. Doch sie ist noch viel mehr: Sie ist Lebensraum, Wirtschaftsraum
und Erholungsort. Mit ihrer Schönheit und Vielfalt zieht sie jedes Jahr
Millionen von Besuchern an – und macht Mecklenburg-Vorpommern auch 2024 erneut
zum beliebtesten Reiseziel in Deutschland [1]. Als sensibles ökologisches System
verdient die Ostsee unseren besonderen Schutz und verantwortungsvolles Handeln.
Denn Fakt ist: Die Ostsee steht unter Druck. Laut EU-Klimadienst Copernicus, war
2024 das heißeste Jahr in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen [2]. Während
sich die Weltmeere in den letzten 30 Jahren um 0,5 Grad erwärmten, stieg die
Temperatur der Ostsee überdurchschnittlich an – um etwa zwei Grad. Zusätzlich
belasten Emissionen aus Industrie und Schifffahrt sowie Nährstoffeinträge aus
der Landwirtschaft das fragile Ökosystem. Seit Jahrzehnten kämpft die Ostsee mit
Problemen wir Überdüngung, Vermüllung und gefährlichen Altlasten wie
Weltkriegsmunition – eine schleichende Bedrohung für Mensch und Natur.
Die Folgen sind längst spürbar: Der Meeresspiegel steigt, Sturmfluten nehmen zu,
maritime Lebensräume schwinden. Diese Entwicklungen bringen tiefgreifende Folgen
mit sich – vom Rückgang der Fischbestände bis hin zu verstärkter Küstenerosion.
Traditionelle Wirtschaftsbereiche, wie die Küstenfischerei und der Tourismus,
geraten zunehmend unter Druck. Gleichzeitig verschärfen sich die
sicherheitspolitischen Spannungen im Ostseeraum – was eine nachhaltige und
friedensorientierte Politik umso wichtiger macht. Insbesondere die zunehmenden
hybriden Bedrohungen durch Russland – wie z.B. die Durchfahrt von maroden
Tankern, die Beschädigung von Datenkabeln oder direkte militärische Präsenz -
machen deutlich, dass der Schutz kritischer Infrastrukturen und die
Verteidigungsfähigkeit der Küstenregion und des Ostseeraums zu einer Priorität
der Landes- und Bundespolitik werden müssen. .
Die Ostsee ist Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraum. Ihr Schutz ist eine
Investition in unsere Zukunft - in Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität.
Deshalb setzen wir uns für einen ganzheitlichen Ansatz ein, der ökologische,
wirtschaftliche und sicherheitspolitische Perspektiven vereint. Für ein
klimaneutrales, lebenswertes und sicheres Mecklenburg-Vorpommern.
Als Küstenland trägt MV eine besondere Verantwortung. Es ist entscheidend, dem
menschengemachten Klimawandel entgegenzuwirken und gleichzeitig aktiv
Anpassungsmaßnahmen an seine Folgen zu gestalten. Wir sind überzeugt: Unsere
Region bietet große Chancen für eine nachhaltige Zukunft. Der Ausbau
erneuerbarer Energien, eine umweltfreundliche Wirtschaftspolitik und gezielter
Meeresschutz können Mecklenburg-Vorpommern zum Leuchtturm für nachhaltiges
Wirtschaften machen. Ein zentraler Hebel liegt in einer verstärkten europäischen
Zusammenarbeit – insbesondere im Rahmen der EU-Ostseestrategie sowie gemeinsamen
Forschungsaktivitäten im Ostseeraum. Zusammen mit unseren Nachbarn wollen wir
grenzüberschreitende Lösungen entwickeln: für Klimaschutz, maritime Sicherheit
und eine nachhaltige Nutzung der Ostsee. Mecklenburg-Vorpommern kann dabei als
Brückenbauerin und Modellregion eine führende Rolle übernehmen.
- Schutz der Ostsee
Als flaches Randmeer ist die Ostsee besonders anfällig für die Folgen der
Klimakrise. Steigende Wassertemperaturen, die Ausbreitung sauerstoffarmer Zonen
(„Todeszonen“) sowie der dramatische Rückgang der Dorsch- und Heringsbestände
zeigen, dass unsere Meeresumwelt unter gewaltigem Druck steht. Doch statt
entschlossen gegenzusteuern, gelangen weiterhin zu viele Nährstoffe in die
Ostsee – ein klarer Verstoß gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die EU-
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) und den HELCOM-Aktionsplan (Baltic Sea
Action Plan). Allein aus Mecklenburg-Vorpommern gelangen jährlich rund 380
Tonnen Phosphor und 14.100 Tonnen Stickstoff in die Ostsee, überwiegend aus
landwirtschaftlichen Quellen [3]. Durch fortschreitende Korrosion versunkener Weltkriegsmunition treten bereits
heute giftige Sprengstoffverbindungen aus – mit zunehmender Gefahr für die
Meeresumwelt [4].
Meeresschutzgebiete sind unter diesen Bedingungen dringend notwendige
Rückzugsorte für bedrohte Arten und ein Schutzraum für deren Lebensräume. Etwa
45 Prozent der deutschen Meeresfläche in der Ostsee sind bereits als
Schutzgebiete ausgewiesen. Die Ausweisung von Gebieten allein bedeutet jedoch
nicht automatisch, dass diese auch umfassend und nachhaltig geschützt sind. So
gibt es zwar für eine Reihe von Meeresschutzgebieten Managementpläne, diese sind
aber teilweise unkonkret und lückenhaft - ein Zustand, der von Umweltverbänden,
Wissenschaftler*innen und EU-Institutionen immer wieder kritisiert wird. Diese
unklare Situation führt dazu, dass Schutzgebiete weiterhin intensiv
wirtschaftlich genutzt werden – etwa durch die Fischerei, die Schifffahrt oder
für den Abbau von Sand und Kies. Für wirksamen Schutz braucht es verbindlichere
Regeln, eine konsequente Überwachung und besser abgestimmte Maßnahmen – vor
allem zwischen Bund und Ländern. Die Einhaltung europäischer Vorgaben – von der
EU-Wasserrahmenrichtlinie über das Natura-2000-System bis zur EU-
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie – muss auch auf Landesebene hohe Priorität
haben.
Um die Ostsee wirksamer zu schützen, fordern wir ein umfassendes Maßnahmenpaket.
Nährstoffeinträge begrenzen
- Die Landesregierung wird beauftragt, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür
einzusetzen, dass die künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2028 einen
klaren Fokus auf die Förderung einer ökologisch nachhaltigen und
gewässerschonenden Landwirtschaft legt.
- Die landesspezifischen Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM) sollen
verbessert und auf eine wirksame Nährstoffreduktion in der Landwirtschaft
ausgerichtet werden.
- Die Landesregierung bekennt sich zu den Zielen der „Strategie zum Schutz
und zur Nutzung der Moore in Mecklenburg-Vorpommern“ und berücksichtigt
insbesondere degradierte Moore an der Küste und an Fließgewässern, die ein
hohes Potenzial für den Nährstoffrückhalt bieten.
- Auf Landesebene soll ein nachhaltiges und integriertes Wassermanagement
eingeführt werden, das die Entwicklung eines landesweiten
Monitoringsystems für Nährstoffeinträge umfasst.
- Das Landeswassergesetz muss überarbeitet werden, damit es wirksame und
gleichzeitig bürokratiearme Festlegungen zum Schutz der Gewässer enthält,
zum Beispiel über erweiterte Gewässerschutzstreifen und die Einführung
eines elektronischen Meldesystems für Wirtschaftsdünger nach Vorbild von
NRW und Niedersachsen.
Müllbelastung reduzieren
- Die Landesregierung soll Präventionsmaßnahmen ergreifen, insbesondere
entlang der Küste – zum Beispiel die Förderung von Mehrwegverpackungen,
Pfandsystemen und Recyclingstrukturen in Tourismusregionen.
- Der Coastal Cleanup Day soll ein landesweiter Aktionstag werden, der fest
verankert in allen Bereichen ist. Neben der direkten Reinigung der Strände
trägt der Aktionstag wesentlich zur Sensibilisierung der Bevölkerung für
die Bedeutung von Abfallvermeidung und Umweltschutz bei.
- Es müssen Maßnahmen und Projekte angestoßen werden, um die Verschmutzung
durch Zigarettenkippen an den Stränden zu verringern. Dabei soll sich das
Land an anderen Projekten orientieren, die bereits Erfolg hatten –
Eckernförde (SH) zum Beispiel, führte 2022 rauchfreie Bereiche ein,
wodurch die Zahl der Zigarettenstummel halbiert wurde – ganz ohne aktive
Kontrolle.
- Die Landesregierung soll die Küstenkommunen bei der Einführung einer
kommunalen Verpackungssteuer für Einwegverpackungen unterstützen, etwa
durch rechtliche Beratung, Mustersatzungen und Förderprogramme.
- Die Landesregierung soll ein Landesprogramm zur Bergung von verlorenen
Fischernetzen („Geisternetze“) dauerhaft finanzieren, sowie Programme zur
Vermeidung von Netzverlusten initiieren.
Munitionsaltlasten beseitigen
- Einrichtung eines Expertenkreises „Munition im Meer“ auf Landesebene nach
dem Vorbild Schleswig-Holsteins, um die Beräumung strategisch
voranzutreiben.
- Aktive Unterstützung des begonnenen Prozesses zwischen Bund und Ländern
zur Bergung der Munitionsaltlasten im Meer und Eintreten für eine faire
Verteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern.
Schutzgebiete stärken
- Konsequente Fortführung und Ausbau des Engagements Mecklenburg-Vorpommerns
im Rahmen der EU-Ostseestrategie. Bestehende Kooperationen mit
Partnerregionen im Ostseeraum sollen intensiviert und neue Partnerschaften
initiiert werden.
- Konsequenter Schutz bestehender Schutzgebiete in der Ostsee (wie FFH- und
Vogelschutzgebiete), zum Beispiel durch die Erarbeitung von
Zonierungskonzepten mit Fischerei und Nutzungsverboten in sensiblen Zonen.
- Wiederherstellung von Laich- und Rückzugsgebieten für Fische über die
Renaturierung von Küstengewässern, Bodden und Flachwasserzonen zur
Wiederherstellung von wichtigen Lebensräumen (z.B. für Dorsch, Hering,
Meerforelle).
- Entwicklung und Umsetzung eines wirksamen Schutzgebietsmanagements mit
konsequenter Umsetzung von Schutz- und Kontrollmaßnahmen auf der Basis
ausreichender personeller und finanzieller Ressourcen
- Stärkung der Umsetzung europäischer Umweltziele auf Landesebene durch
Beteiligung an EU-Förderprogrammen wie LIFE und INTERREG, die Förderung
nachhaltiger Regionalentwicklung und Kooperation mit Partnerregionen im
Ostseeraum.
- Förderung von Bildungsprojekten und Beteiligungsformaten an Schulen,
Museen und Nationalparkeinrichtungen
- Informationskampagnen für die lokale Bevölkerung zu marinen
Schutzgebieten, mariner Artenvielfalt und zur Notwendigkeit eines
regulierenden Schutzgebietsmanagements.
- Küstenschutz
Der durch den Klimawandel bedingte Meeresspiegelanstieg stellt eine zunehmende
Herausforderung für die Küstenregionen entlang der Ostsee dar. Stärkere und
häufigere Sturmfluten sowie verstärkte Küstenerosion bedrohen sowohl Siedlungen,
Infrastruktur und landwirtschaftlich genutzten Flächen als auch wertvolle
Naturräume. Wellen, Brandung und Strömungen drängen die Küste kontinuierlich
zurück, sodass Gemeinden sich gleichermaßen vor Überflutung und Erosion schützen
müssen. Der größte Teil des Schutzes wird dabei durch Küstenschutzdünen, Deiche
und Buhnen geleistet. Zusätzlich sollen technische Verfahren wie Aufspülungen
oder Baggerungen verhindern, dass sich die Küstenmorphologie verändert. All
diese traditionellen Küstenschutzmaßnahmen sind sehr kostenintensiv und greifen
oft stark in die natürlichen Prozesse ein. Dabei geht es auch anders.
Seegraswiesen, renaturierte Feuchtgebiete und Dünen bieten vielfältige Vorteile:
Sie schützen die Küste, fördern die Biodiversität, binden CO2 und passen sich
dynamisch an veränderte Bedingungen an. Mecklenburg-Vorpommern hat mit seiner
langen Ostseeküste eine besondere Verantwortung, innovative und nachhaltige
Küstenschutzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Wichtig ist, dass die
Konzepte auf wissenschaftlich basierten Prognosen des Meeresspiegelanstiegs
aufbauen. So können sie auch als Modellprojekte für andere Küstenregionen dienen
und die Vorreiterrolle des Landes im Bereich des ökologischen Küstenschutzes
stärken.
Wir fordern die Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenpaketes zum
Schutz der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern:
- Die vorhandenen Deiche sollen auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber
Sturmfluten und steigendem Meeresspiegel überprüft und wo nötig verstärkt
werden. Dabei sollen ökologische Bauweisen bevorzugt werden, die Raum für
natürliche Dynamiken lassen und gleichzeitig den Schutz von Küstenorten
gewährleisten.
- In geeigneten Bereichen sollen kontrollierte Überflutungsflächen
geschaffen werden, die bei Sturmfluten als natürliche Puffer dienen.
Gleichzeitig sollen degradierte Küstenfeuchtgebiete renaturiert werden, um
ihre Funktion als natürliche Küstenschutzsysteme wiederherzustellen.
- Dünen sind natürliche Barrieren gegen Sturmfluten. Es sollen Programme zur
Stabilisierung und zum Schutz bestehender Dünensysteme sowie zur Neuanlage
von Dünen in gefährdeten Küstenabschnitten entwickelt werden. Dabei dürfen
die wenigen verbliebenen naturnahen Dünen- und Strandwallbereiche nicht
mit künstlichen Befestigungen oder Steinanschüttungen befestigt werden.
- Seegraswiesen sind natürliche Wellenbrecher, die Erosion verhindern, CO2
binden und wichtige Lebensräume für die marine Biodiversität. Projekte zur
Entwicklung wissenschaftlich fundierter Konzepte zur Renaturierung von
Seegraswiesen sind notwendig.
- Wir fordern ein schnelleres und besser koordiniertes Handeln der
verschiedenen Akteure und Verwaltungsebenen. Dabei müssen die aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnisse in das Landesraumentwicklungsprogramme-MV
und die betroffenen Regionalen Raumentwicklungsprogramme der
Planungsverbände eingebunden werden.
- Erneuerbare Energien
Mecklenburg-Vorpommern hat das Potenzial, eine Vorreiterrolle bei der
Energiewende einzunehmen und bis spätestens 2035 klimaneutral zu werden. Dafür
müssen wir den bereits geplanten Ausbau erneuerbarer Energien massiv
vorantreiben und unnötige fossile Infrastruktur vermeiden. Offshore-Windenergie
ist besonders effizient, denn auf See weht der Wind beständiger und
durchschnittlich stärker als an Land. Auf Meeresflächen erzeugter Windstrom ist
also ein wichtiger Baustein, um eine nachhaltige Energieversorgung und damit die
deutschen Energie- und Klimaziele zu erreichen.
Wir fordern, Offshore-Windkraft zur zentralen Säule der Energiewende zu machen
- Wir fordern den zügigen Personalaufbau bei den Planungsbehörden, damit die
zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, den Netzbetreibern und den
Küstenländern vereinbarten Offshore-Realisierungsvereinbarungen
fristgerecht umgesetzt werden können.
- Wir setzen uns für die Entwicklung von Küsten- und Hafenkonzepten ein, um
Mecklenburg-Vorpommern als zentralen Standort für Offshore-Technologie und
industrielle Wertschöpfung nachhaltig zu stärken.
- Wir wollen die gesetzlichen Grundlagen für die Mehrfachnutzung von
Offshore-Windparks schaffen, insbesondere zur Integration von Blue
Economy-Anwendungen wie der Meeresalgenproduktion an unterseeischen
Strukturen der Windkraftanlagen.
Ergänzend soll eine grüne Wasserstoff-Infrastruktur aufgebaut werden
- Hafeninfrastruktur fit für die Anlandung, das Bunkern und Betanken mit
Wasserstoff machen.
- Wir setzen uns dafür ein, bestehende fossile Infrastrukturen in grüne
Wasserstoff-Infrastruktur umzunutzen, um bestehende Strukturen effizient
weiterzuverwenden und Kosten zu senken.
- Wir unterstützen gezielte und langfristige Investitionen in Wasserstoff-
Technologien und Speicherlösungen, die das grüne Wasserstoffkernnetz
sinnvoll ergänzen und die Energiewende absichern.
- Wir fordern den zügigen Ausbau der Hafeninfrastruktur, um die Anlandung,
das Bunkern und das Betanken mit Wasserstoff flächendeckend zu ermöglichen
und Häfen zukunftsfähig aufzustellen.
- Wirtschaft – Nachhaltigkeit als Chance für Mecklenburg-Vorpommern
Die maritime Wirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftszweig in Mecklenburg-
Vorpommern und insbesondere für den Bereich der erneuerbaren Energien auf
Wachstumskurs. Die Fischerei hingegen steht vor existenziellen
Herausforderungen. Der Klimawandel, Jahrzehnte der Überfischung und hohe
Nährstoffeinträge ließen die Bestände von Dorsch und Hering massiv einbrechen.
Gleichzeitig bieten nachhaltiger Tourismus, eine umweltfreundliche maritime
Wirtschaft und innovative Technologien große Chancen für die Zukunft.
Wir fordern eine nachhaltige Wirtschaft an der Ostsee.
Nachhaltige Seehäfen:
- Statt Flächenerweiterungen in ökologisch sensiblen Küstenabschnitten soll
eine effizientere Nutzung der bestehenden Hafeninfrastruktur priorisiert
werden. Bei unvermeidbaren Kapazitätserweiterungen sollen Flächen im
Hinterland genutzt werden, die eine geringere ökologische Sensibilität
aufweisen. Hierfür sind entsprechende raumplanerische Konzepte zu
entwickeln.
- Die landseitige Stromversorgung für Schiffe (Shore Power) soll in allen
Ostseehäfen des Landes flächendeckend ausgebaut werden, um die
Luftverschmutzung durch laufende Schiffsmotoren in den Häfen zu
reduzieren.
- Die Anbindung der Häfen an das Schienennetz muss deutlich verbessert
werden. Ein Großteil des Hinterlandverkehrs der Ostseehäfen soll auf die
Schiene verlagert werden. Dafür sind entsprechende Infrastrukturmaßnahmen
zu planen und umzusetzen.
- In allen Ostseehäfen sollen moderne Abfallentsorgungskonzepte
implementiert werden, die eine umweltgerechte Entsorgung von
Schiffsabfällen zu gewährleisten und Anreize für Abfallvermeidung zu
schaffen.
Zukunft der Werften – Nachhaltige Transformation statt Krise
- Wir wollen nachhaltiges und umweltfreundliches Schiffsrecycling an
Standorten in Mecklenburg-Vorpommern fördern. Dafür fordern wir ein
Konzept für die Etablierung moderner Schiffsrecycling-Betriebe zu
entwickeln, die höchsten Umwelt- und Arbeitsschutzstandards entsprechen.
Gleichzeitig soll sich die Landesregierung auf Bundesebene für die
notwendige Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen einsetzen, um diese
zukunftsträchtige Branche in Deutschland zu ermöglichen.
- Die Werften und Zulieferbetriebe sollen bei der Umstellung auf
klimafreundliche Schiffstechnologien unterstützt werden, sowohl bei
Entwicklung und Bau von Schiffen mit alternativen, nachhaltigen
Antriebssystemen als auch Reedereien und Schiffseigner bei der Umrüstung
ihrer Flotten auf umweltfreundlichere Technologien.
- Die Forschungsinfrastruktur für maritime Technologien in Mecklenburg-
Vorpommern soll ausgebaut werden, indem branchenspezifische
Technologiezentren, insbesondere der Ocean Technology Campus im
Fischereihafen Rostock, gefördert werden.
- Es soll ein Programm entwickelt werden, um die Werftindustrie in den
Ausbau erneuerbarer Energien zu integrieren. Dabei sollen Werften und
maritime Zulieferer bei der Umstellung ihrer Produktion auf Komponenten
für Offshore-Windkraftanlagen und andere erneuerbare Energietechnologien
unterstützt werden. Dies umfasst Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte
sowie Investitionsförderungen für notwendige Umrüstungen der
Produktionsanlagen.
Nachhaltiger Tourismus – Natur und Wirtschaft in Einklang bringen
- Der aktuelle Gesetzesentwurf zum Landestourismusgesetz soll um
verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für Hotels, Gastronomie und
Freizeitangebote ergänzt werden. Diese Kriterien sollen ökologische
Standards, regionale Wirtschaftskreisläufe und soziale Nachhaltigkeit
umfassen.
- Das Land muss strenge Vorgaben für die Planung und Genehmigung
touristischer Großprojekte in natursensiblen Bereichen entwickeln. Diese
Vorgaben müssen eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung,
Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeitsbewertung beinhalten. Touristische
Großprojekte wie der geplante Center-Parcs auf der Halbinsel Pütnitz
werden derzeit ohne ausreichende Berücksichtigung von Umweltbelangen und
ohne angemessene Bürgerbeteiligung vorangetrieben. Dies führt zu
Konflikten und gefährdet die Akzeptanz des Tourismus in der Bevölkerung
[5].
- Ein landesweites Verkehrssteuerungskonzepts für touristische Hotspots soll
in Zusammenarbeit mit Kommunen und Tourismusverbänden erarbeitet werden.
Darin sollen insbesondere kostenlose Shuttlebusse und Park-and-Ride-
Angebote mitgedacht werden. Die Verkehrssituation auf Rügen und dem
Fischland/Darß hat sich in den Sommermonaten dramatisch zugespitzt. Hier
bedarf es intelligenter Verkehrslösungen, um Staus zu vermeiden und die
Umweltbelastung zu reduzieren.
- Wir fordern die Einführung einer landesweiten Gästekarte, die zur
kostenlosen Nutzung des ÖPNV berechtigt und auch für Einheimische zu
vergünstigten Konditionen verfügbar ist. Parallel dazu soll das ÖPNV- und
SPNV-Angebot in touristischen Regionen ausgebaut werden. Das würde nicht
nur den Individualverkehr reduzieren, sondern auch die Attraktivität des
Urlaubsziels Mecklenburg-Vorpommern steigern. Gleichzeitig profitieren
Einheimische von einem verbesserten ÖPNV-Angebot.
- Ein Förderprogramm für sanften Tourismus in den Nationalparks soll
aufgelegt werden. Dieses soll Projekte unterstützen, die Naturerlebnisse
und Umweltbildung in den Mittelpunkt stellen und besonders nachhaltige
Tourismuskonzepte entwickeln. Nationalparks wie Vorpommersche
Boddenlandschaft/Jasmund zeigen bereits erste Überlastungserscheinungen.
Ein nachhaltiges Besuchermanagement ist erforderlich, um diese wertvollen
Naturräume zu schützen.
- In den Küstenregionen sollen Tourismus-Bürger*innenräten eingerichtet
werden, die bei der Entwicklung touristischer Konzepte mitwirken und die
Interessen der lokalen Bevölkerung vertreten. Die Einbindung der lokalen
Bevölkerung stärkt die Akzeptanz des Tourismus und ermöglicht eine
Entwicklung, die den Bedürfnissen der Menschen vor Ort gerecht wird.
- In den Häfen Mecklenburg-Vorpommerns soll eine gestaffelte Umweltabgabe
für Kreuzfahrtschiffe eingeführt werden, deren Höhe sich nach
Schiffsgröße, Umweltstandards und Verweildauer richtet. Die Einnahmen
sollen zweckgebunden für Umweltschutzmaßnahmen in den Hafenstädten
verwendet werden.
Nachhaltige Fischerei und Schutz der Meeresressourcen:
- Fischereibetriebe sollen künftig bei der Diversifizierung unterstützt
werden, zum Beispiel in Bereichen der Erschließung neuer Zielarten,
Tourismus, Umweltbildung und Meeresnaturschutz. So wird die
wirtschaftliche Stabilität der Betriebe gesichert.
- Die Zusatzqualifikation zum Fachwirt „Fischerei und Meeresumwelt“ (Sea-
Ranger) soll verstetigt werden. Sie soll in die Ausbildung zur
Fischwirt*in integriert werden, um zur Diversifizierung und Stabilisierung
von Einkommen insbesondere in der Küstenfischerei beizutragen und das
Berufsbild zeitgemäß und vor allem auch attraktiv zu gestalten.
- Forschung und Beratung für Fischereiunternehmen soll stärker gefördert
werden, um Nachhaltigkeit in der Fischerei und umweltfreundliche
Fangmethoden zu entwickeln.
- Es soll eine Landesförderung geschaffen werden, die speziell auf die
nachhaltige Kleinfischerei ausgerichtet ist.
- Sicherheitspolitik: Tatort Ostsee
Die geopolitischen Spannungen in der Ostseeregion nehmen zu. Der maritime Raum
Mecklenburg-Vorpommerns gerät stärker in den Fokus internationaler Akteure.
Insbesondere die russische Schattenflotte stand dabei zuletzt wiederholt im
Verdacht. Viele dieser Schiffe fahren unter wechselnden Flaggen, sind über
verschachtelte Konstrukte in Drittstaaten registriert und umgehen gezielt
Sanktionen. Sie nutzen Täuschungstaktiken wie das Abschalten von
Ortungssystemen, um ihre Herkunft und ihre Fracht zu verschleiern. So verlor der
Öltanker Eventin im Februar 2024 die Manövrierfähigkeit und drohte zu
havarieren. Kurz darauf kam es zu einem ähnlichen Notfall des Tankers Jazz, bei
dem Sabotage vermutet wird. Ende 2024 durchtrennte das Schiff Eagle S
Unterseekabel zwischen Estland und Finnland. All diese Vorfälle zeigen: Energie-
und Kommunikationsleitungen in der Ostsee geraten systematisch ins Visier - mit
weitreichenden Folgen. Stromverbindungen und Kommunikationskabel sind essenziell
für Versorgung, Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität. Hinzu kommt das
Umwelt- und Sicherheitsrisiko durch alte, schlecht gewartete Öltanker. Im
Havariefall drohen verheerende Folgen für Natur und Küstenregionen.
Vor diesem Hintergrund begrüßen und unterstützen wir den Aufbau der NATO Baltic
Task Force in Rostock und die enge Zusammenarbeit mit der NATO Mission Baltic
Sentry.
Doch wir wollen noch weitere Maßnahmen ergreifen, um den Frieden im Ostseeraum
zu sichern.
Katastrophenschutz ausbauen
- Relevante Teile der Union Preparedness Strategy sollen umgesetzt werden -
mit besonderem Fokus auf den Ausbau und regelmäßige Wartung von
Frühwarnsystemen für verschiedene Katastrophenszenarien (Hochwasser,
Sturmfluten, Waldbrände etc.). Zudem sollen Redundanzen für kritische
Infrastruktur geschaffen werden, insbesondere für Krankenhäuser,
Feuerwehren und andere Einrichtungen des Katastrophenschutzes: Die
Durchführung regelmäßiger Übungen und Stresstests für verschiedene
Einsatzszenarien unter Einbeziehung aller relevanten Akteure sollen
ebenfalls vorangetrieben werden.
- Der 2021 beschlossene Schulungsstandort der „Bundesakademie für
Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung“ auf dem Stralsunder Dänholm
mit dem Schwerpunkt „Wasserrettung“ ist umgehend durch das
Bundesinnenministerium umzusetzen. Die für den Neubau benötigten Gelder
sind durch den Bundeshaushalt bereitzustellen.
- Die Koordination zwischen verschiedenen Verwaltungsebenen muss verbessert
werden. Es braucht dafür die Etablierung klarer Kommunikations- und
Entscheidungsstrukturen zwischen kommunaler, Landes- und Bundesebene,
sowie regelmäßige gemeinsame Übungen und Schulungen der
Katastrophenschutzbehörden aller Ebenen, dabei muss Katastrophenschutz
inklusiv gedacht werden. Die Ausarbeitung klar definierter Zuständigkeiten
und Reaktionsmechanismen muss ebenfalls forciert werden.
- Absicherung gegen wirtschaftliche Schäden und Umweltkatastrophen durch die
Einrichtung eines Landeshilfsfonds für Katastrophenfälle, in denen
Verursacher nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.
- Die Kooperation mit dem privaten Sektor soll intensiviert werden,
insbesondere beim Austausch von Informationen durch die Betreiber der
Unterseekabel, um eine schnelle Reparatur zu gewährleisten und damit den
potenziellen Schaden zu minimieren.
Sicherheit im Ostseeraum stärken
- Die Zusammenarbeit mit allen Ostseeanrainern zur zivilen
Konfliktprävention und Friedenssicherung muss intensiviert werden. Dies
umfasst insbesondere die konsequente Umsetzung des VN-
Seerechtsübereinkommens und die Stärkung regionaler Kooperationsformate
wie dem Ostseerat.
- Für maritime Notfälle muss ein verbindlicher Krisenreaktionsmechanismus
etabliert werden, der eine enge Koordination und Kooperation bei der
Reparatur beschädigter Infrastruktur sowie bei der Festsetzung von
Schiffen, die Schäden verursachen, gewährleistet. Dieser Mechanismus soll
proaktiven Informationsaustausch und schnelle Kommunikationskanäle
zwischen den zuständigen Behörden der Ostseestaaten sicherstellen.
- Wir fordern die Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Schutzkonzepts
für kritische maritime Infrastruktur, insbesondere für Seehäfen,
Unterwasserpipelines, Stromleitungen und Datenkabel. Dies beinhaltet
Investitionen in fortschrittliche Überwachungstechnologien wie
hydroakustische Systeme und unbemannte Unterwasserdrohnen zur
Echtzeitüberwachung. Die Maßnahmen sollen an bestehende NATO-Initiativen
angebunden und mit zukünftigen EU-Maßnahmen wie der Cable Security Toolbox
harmonisiert werden.
- Der Dialog zwischen Umwelt- und Sicherheitspolitik soll intensiviert und
gefördert werden. Ziel ist es, militärische Aktivitäten in der Ostsee
umweltverträglich zu gestalten und Risiken für die maritime Ökologie zu
minimieren. Dabei soll die Durchsetzung von Umweltschutz- und
Sicherheitsstandards gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten
Nationen konsequent verfolgt werden.
Vorgehen gegen gezielte Sabotage
- Um die Sicherheit des Seeverkehrs in der Ostsee angesichts des steigenden
Verkehrsaufkommens zu erhöhen, sind moderne Navigationshilfen, verbesserte
Schiffsverkehrsdienste (VTS) und strenge Sicherheitsvorschriften
einzuführen und konsequent anzuwenden.
- Eine koordinierte Strategie soll entwickelt werden, um die von der
russischen "Schattenflotte" ausgehenden Bedrohungen zu bekämpfen. Auch
soll es künftig eine verstärkte Überwachung des Seeverkehrs und
intensiveren Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse zwischen den
Ostseeanrainerstaaten geben.
- Es braucht einen klaren Rechtsrahmen zur Durchsetzung von Vorschriften zur
Minimierung von Sicherheitsrisiken, einschließlich der rechtssicheren
Option, Schiffe bei Verstößen gegen Sicherheitsbestimmungen festzusetzen.
Der Fall der Festsetzung des Tankers "Eventin" hat gezeigt, dass
Unklarheiten im rechtlichen Rahmen bestehen, die dringend beseitigt werden
müssen [6].
- Dringend notwendig sind die Einführung einer strengeren Überprüfung der
Versicherungen von Schiffen und die Unterbindung des illegalen Verkaufs
von Tankern an die russische Schattenflotte. Dies soll durch ein Verbot
für Schiffe ohne entsprechende Versicherung, sich in EU-Gewässern
aufzuhalten, gelingen sowie durch die Einführung einer nationalen
Steuerung von Schiffsverkäufen durch Reedereien mit vorheriger
Risikoprüfung.
- Schiffe, die unter Umgehung der von der EU verhängten Sanktionen
russisches Rohöl transportieren, sollen konsequent sanktioniert werden.
- Auf Bundesebene soll ein Sicherheitsgesetzt erarbeitet werden, das die
Zuständigkeiten innerhalb der deutschen Hoheitsgewässer klar regelt und
Handlungssicherheit für die beteiligten Behörden schafft. Die
Landesregierung soll dabei unterstützen.
- Die Kapazitäten der Wasserschutzpolizei in Mecklenburg-Vorpommern müssen
erhöht werden, um eine effektivere Überwachung der Schifffahrtswege in den
Küstengewässern des Landes zu gewährleisten.
FAZIT
Klimaschutz und Sicherheit sind Gemeinschaftsaufgaben, die wir nur gemeinsam
bewältigen können. Mecklenburg-Vorpommern hat das Potenzial, Vorreiter beim
Schutz der Ostsee und auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft zu werden. Das
gelingt aber nur, wenn wir ökologische Verantwortung, wirtschaftliche Vernunft
und sicherheitspolitisches Denken miteinander verbinden – anstatt sie
gegeneinander auszuspielen. Eine gesunde Umwelt ist keine Nebensache, sie ist
die Grundlage für Wohlstand und soziale Stabilität. Die Ostsee zeigt uns, wie
alles zusammenhängt: Wo Natur geschützt wird, bleibt Lebensqualität erhalten. Wo
nachhaltige Energie erzeugt wird, wächst die Unabhängigkeit. Und wo wir
gemeinsam handeln, entstehen Zukunftsperspektiven für alle. Deshalb fordern wir,
jetzt mutig voranzugehen – für eine starke Region, eine gesunde Ostsee und ein
Leben in Sicherheit und Frieden.
Referenzen:
[1] 41. Deutsche Tourismusanalyse 2025, BAT-Stiftung für Zukunftsfragen.
[2] European State of the Climate 2024, Copernicus Climate Change Service (C3S)
and the World Meteorological Organization (WMO) and European Union, represented
by the European Centre for Medium‑Range Weather Forecasts (ECMWF), 2025.
https://climate.copernicus.eu/esotc/2024.
[3] Landesverordnung über besondere Anforderungen an die Düngung in belasteten
Gebieten (Düngelandesverordnung – DüLVO M-V), Anlage 1, 17. Januar 2023.
[4] Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Bestandsaufnahme und
Empfehlungen (Stand 2011), Meeresumwelt Aktuell Nord- und Ostsee, 2011/3,
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Hamburg und Rostock 2011.
[6] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/tanker-eventin-rechtsmittel-
100.html
Unterstützer*innen
- Anja Eggert (KV Rostock)
- Katharina Horn (KV Vorpommern-Greifswald)
- Ole Krüger (KV Rostock)
- Sebastian Hüller (KV Landkreis Rostock)
Von Zeile 55 bis 57 einfügen:
Tonnen Phosphor und 14.100 Tonnen Stickstoff in die Ostsee, überwiegend aus landwirtschaftlichen Quellen [3]. Durch fortschreitende Korrosion versunkener Weltkriegsmunition treten bereits heute giftige Sprengstoffverbindungen aus – mit zunehmender Gefahr für die
Mehr als nur ein Meer: die Ostsee. Sie prägt unser Leben in Mecklenburg-
Vorpommern auf vielfältige Weise. Sie formt von jeher unsere Landschaft, liefert
Energie und Nahrung. Als Klimafaktor sorgt sie für angenehm kühle Sommer und
milde Winter. Doch sie ist noch viel mehr: Sie ist Lebensraum, Wirtschaftsraum
und Erholungsort. Mit ihrer Schönheit und Vielfalt zieht sie jedes Jahr
Millionen von Besuchern an – und macht Mecklenburg-Vorpommern auch 2024 erneut
zum beliebtesten Reiseziel in Deutschland [1]. Als sensibles ökologisches System
verdient die Ostsee unseren besonderen Schutz und verantwortungsvolles Handeln.
Denn Fakt ist: Die Ostsee steht unter Druck. Laut EU-Klimadienst Copernicus, war
2024 das heißeste Jahr in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen [2]. Während
sich die Weltmeere in den letzten 30 Jahren um 0,5 Grad erwärmten, stieg die
Temperatur der Ostsee überdurchschnittlich an – um etwa zwei Grad. Zusätzlich
belasten Emissionen aus Industrie und Schifffahrt sowie Nährstoffeinträge aus
der Landwirtschaft das fragile Ökosystem. Seit Jahrzehnten kämpft die Ostsee mit
Problemen wir Überdüngung, Vermüllung und gefährlichen Altlasten wie
Weltkriegsmunition – eine schleichende Bedrohung für Mensch und Natur.
Die Folgen sind längst spürbar: Der Meeresspiegel steigt, Sturmfluten nehmen zu,
maritime Lebensräume schwinden. Diese Entwicklungen bringen tiefgreifende Folgen
mit sich – vom Rückgang der Fischbestände bis hin zu verstärkter Küstenerosion.
Traditionelle Wirtschaftsbereiche, wie die Küstenfischerei und der Tourismus,
geraten zunehmend unter Druck. Gleichzeitig verschärfen sich die
sicherheitspolitischen Spannungen im Ostseeraum – was eine nachhaltige und
friedensorientierte Politik umso wichtiger macht. Insbesondere die zunehmenden
hybriden Bedrohungen durch Russland – wie z.B. die Durchfahrt von maroden
Tankern, die Beschädigung von Datenkabeln oder direkte militärische Präsenz -
machen deutlich, dass der Schutz kritischer Infrastrukturen und die
Verteidigungsfähigkeit der Küstenregion und des Ostseeraums zu einer Priorität
der Landes- und Bundespolitik werden müssen. .
Die Ostsee ist Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraum. Ihr Schutz ist eine
Investition in unsere Zukunft - in Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität.
Deshalb setzen wir uns für einen ganzheitlichen Ansatz ein, der ökologische,
wirtschaftliche und sicherheitspolitische Perspektiven vereint. Für ein
klimaneutrales, lebenswertes und sicheres Mecklenburg-Vorpommern.
Als Küstenland trägt MV eine besondere Verantwortung. Es ist entscheidend, dem
menschengemachten Klimawandel entgegenzuwirken und gleichzeitig aktiv
Anpassungsmaßnahmen an seine Folgen zu gestalten. Wir sind überzeugt: Unsere
Region bietet große Chancen für eine nachhaltige Zukunft. Der Ausbau
erneuerbarer Energien, eine umweltfreundliche Wirtschaftspolitik und gezielter
Meeresschutz können Mecklenburg-Vorpommern zum Leuchtturm für nachhaltiges
Wirtschaften machen. Ein zentraler Hebel liegt in einer verstärkten europäischen
Zusammenarbeit – insbesondere im Rahmen der EU-Ostseestrategie sowie gemeinsamen
Forschungsaktivitäten im Ostseeraum. Zusammen mit unseren Nachbarn wollen wir
grenzüberschreitende Lösungen entwickeln: für Klimaschutz, maritime Sicherheit
und eine nachhaltige Nutzung der Ostsee. Mecklenburg-Vorpommern kann dabei als
Brückenbauerin und Modellregion eine führende Rolle übernehmen.
- Schutz der Ostsee
Als flaches Randmeer ist die Ostsee besonders anfällig für die Folgen der
Klimakrise. Steigende Wassertemperaturen, die Ausbreitung sauerstoffarmer Zonen
(„Todeszonen“) sowie der dramatische Rückgang der Dorsch- und Heringsbestände
zeigen, dass unsere Meeresumwelt unter gewaltigem Druck steht. Doch statt
entschlossen gegenzusteuern, gelangen weiterhin zu viele Nährstoffe in die
Ostsee – ein klarer Verstoß gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die EU-
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) und den HELCOM-Aktionsplan (Baltic Sea
Action Plan). Allein aus Mecklenburg-Vorpommern gelangen jährlich rund 380
Tonnen Phosphor und 14.100 Tonnen Stickstoff in die Ostsee, überwiegend aus
landwirtschaftlichen Quellen [3]. Durch fortschreitende Korrosion versunkener Weltkriegsmunition treten bereits
heute giftige Sprengstoffverbindungen aus – mit zunehmender Gefahr für die
Meeresumwelt [4].
Meeresschutzgebiete sind unter diesen Bedingungen dringend notwendige
Rückzugsorte für bedrohte Arten und ein Schutzraum für deren Lebensräume. Etwa
45 Prozent der deutschen Meeresfläche in der Ostsee sind bereits als
Schutzgebiete ausgewiesen. Die Ausweisung von Gebieten allein bedeutet jedoch
nicht automatisch, dass diese auch umfassend und nachhaltig geschützt sind. So
gibt es zwar für eine Reihe von Meeresschutzgebieten Managementpläne, diese sind
aber teilweise unkonkret und lückenhaft - ein Zustand, der von Umweltverbänden,
Wissenschaftler*innen und EU-Institutionen immer wieder kritisiert wird. Diese
unklare Situation führt dazu, dass Schutzgebiete weiterhin intensiv
wirtschaftlich genutzt werden – etwa durch die Fischerei, die Schifffahrt oder
für den Abbau von Sand und Kies. Für wirksamen Schutz braucht es verbindlichere
Regeln, eine konsequente Überwachung und besser abgestimmte Maßnahmen – vor
allem zwischen Bund und Ländern. Die Einhaltung europäischer Vorgaben – von der
EU-Wasserrahmenrichtlinie über das Natura-2000-System bis zur EU-
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie – muss auch auf Landesebene hohe Priorität
haben.
Um die Ostsee wirksamer zu schützen, fordern wir ein umfassendes Maßnahmenpaket.
Nährstoffeinträge begrenzen
- Die Landesregierung wird beauftragt, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür
einzusetzen, dass die künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2028 einen
klaren Fokus auf die Förderung einer ökologisch nachhaltigen und
gewässerschonenden Landwirtschaft legt.
- Die landesspezifischen Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM) sollen
verbessert und auf eine wirksame Nährstoffreduktion in der Landwirtschaft
ausgerichtet werden.
- Die Landesregierung bekennt sich zu den Zielen der „Strategie zum Schutz
und zur Nutzung der Moore in Mecklenburg-Vorpommern“ und berücksichtigt
insbesondere degradierte Moore an der Küste und an Fließgewässern, die ein
hohes Potenzial für den Nährstoffrückhalt bieten.
- Auf Landesebene soll ein nachhaltiges und integriertes Wassermanagement
eingeführt werden, das die Entwicklung eines landesweiten
Monitoringsystems für Nährstoffeinträge umfasst.
- Das Landeswassergesetz muss überarbeitet werden, damit es wirksame und
gleichzeitig bürokratiearme Festlegungen zum Schutz der Gewässer enthält,
zum Beispiel über erweiterte Gewässerschutzstreifen und die Einführung
eines elektronischen Meldesystems für Wirtschaftsdünger nach Vorbild von
NRW und Niedersachsen.
Müllbelastung reduzieren
- Die Landesregierung soll Präventionsmaßnahmen ergreifen, insbesondere
entlang der Küste – zum Beispiel die Förderung von Mehrwegverpackungen,
Pfandsystemen und Recyclingstrukturen in Tourismusregionen.
- Der Coastal Cleanup Day soll ein landesweiter Aktionstag werden, der fest
verankert in allen Bereichen ist. Neben der direkten Reinigung der Strände
trägt der Aktionstag wesentlich zur Sensibilisierung der Bevölkerung für
die Bedeutung von Abfallvermeidung und Umweltschutz bei.
- Es müssen Maßnahmen und Projekte angestoßen werden, um die Verschmutzung
durch Zigarettenkippen an den Stränden zu verringern. Dabei soll sich das
Land an anderen Projekten orientieren, die bereits Erfolg hatten –
Eckernförde (SH) zum Beispiel, führte 2022 rauchfreie Bereiche ein,
wodurch die Zahl der Zigarettenstummel halbiert wurde – ganz ohne aktive
Kontrolle.
- Die Landesregierung soll die Küstenkommunen bei der Einführung einer
kommunalen Verpackungssteuer für Einwegverpackungen unterstützen, etwa
durch rechtliche Beratung, Mustersatzungen und Förderprogramme.
- Die Landesregierung soll ein Landesprogramm zur Bergung von verlorenen
Fischernetzen („Geisternetze“) dauerhaft finanzieren, sowie Programme zur
Vermeidung von Netzverlusten initiieren.
Munitionsaltlasten beseitigen
- Einrichtung eines Expertenkreises „Munition im Meer“ auf Landesebene nach
dem Vorbild Schleswig-Holsteins, um die Beräumung strategisch
voranzutreiben.
- Aktive Unterstützung des begonnenen Prozesses zwischen Bund und Ländern
zur Bergung der Munitionsaltlasten im Meer und Eintreten für eine faire
Verteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern.
Schutzgebiete stärken
- Konsequente Fortführung und Ausbau des Engagements Mecklenburg-Vorpommerns
im Rahmen der EU-Ostseestrategie. Bestehende Kooperationen mit
Partnerregionen im Ostseeraum sollen intensiviert und neue Partnerschaften
initiiert werden.
- Konsequenter Schutz bestehender Schutzgebiete in der Ostsee (wie FFH- und
Vogelschutzgebiete), zum Beispiel durch die Erarbeitung von
Zonierungskonzepten mit Fischerei und Nutzungsverboten in sensiblen Zonen.
- Wiederherstellung von Laich- und Rückzugsgebieten für Fische über die
Renaturierung von Küstengewässern, Bodden und Flachwasserzonen zur
Wiederherstellung von wichtigen Lebensräumen (z.B. für Dorsch, Hering,
Meerforelle).
- Entwicklung und Umsetzung eines wirksamen Schutzgebietsmanagements mit
konsequenter Umsetzung von Schutz- und Kontrollmaßnahmen auf der Basis
ausreichender personeller und finanzieller Ressourcen
- Stärkung der Umsetzung europäischer Umweltziele auf Landesebene durch
Beteiligung an EU-Förderprogrammen wie LIFE und INTERREG, die Förderung
nachhaltiger Regionalentwicklung und Kooperation mit Partnerregionen im
Ostseeraum.
- Förderung von Bildungsprojekten und Beteiligungsformaten an Schulen,
Museen und Nationalparkeinrichtungen
- Informationskampagnen für die lokale Bevölkerung zu marinen
Schutzgebieten, mariner Artenvielfalt und zur Notwendigkeit eines
regulierenden Schutzgebietsmanagements.
- Küstenschutz
Der durch den Klimawandel bedingte Meeresspiegelanstieg stellt eine zunehmende
Herausforderung für die Küstenregionen entlang der Ostsee dar. Stärkere und
häufigere Sturmfluten sowie verstärkte Küstenerosion bedrohen sowohl Siedlungen,
Infrastruktur und landwirtschaftlich genutzten Flächen als auch wertvolle
Naturräume. Wellen, Brandung und Strömungen drängen die Küste kontinuierlich
zurück, sodass Gemeinden sich gleichermaßen vor Überflutung und Erosion schützen
müssen. Der größte Teil des Schutzes wird dabei durch Küstenschutzdünen, Deiche
und Buhnen geleistet. Zusätzlich sollen technische Verfahren wie Aufspülungen
oder Baggerungen verhindern, dass sich die Küstenmorphologie verändert. All
diese traditionellen Küstenschutzmaßnahmen sind sehr kostenintensiv und greifen
oft stark in die natürlichen Prozesse ein. Dabei geht es auch anders.
Seegraswiesen, renaturierte Feuchtgebiete und Dünen bieten vielfältige Vorteile:
Sie schützen die Küste, fördern die Biodiversität, binden CO2 und passen sich
dynamisch an veränderte Bedingungen an. Mecklenburg-Vorpommern hat mit seiner
langen Ostseeküste eine besondere Verantwortung, innovative und nachhaltige
Küstenschutzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Wichtig ist, dass die
Konzepte auf wissenschaftlich basierten Prognosen des Meeresspiegelanstiegs
aufbauen. So können sie auch als Modellprojekte für andere Küstenregionen dienen
und die Vorreiterrolle des Landes im Bereich des ökologischen Küstenschutzes
stärken.
Wir fordern die Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenpaketes zum
Schutz der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern:
- Die vorhandenen Deiche sollen auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber
Sturmfluten und steigendem Meeresspiegel überprüft und wo nötig verstärkt
werden. Dabei sollen ökologische Bauweisen bevorzugt werden, die Raum für
natürliche Dynamiken lassen und gleichzeitig den Schutz von Küstenorten
gewährleisten.
- In geeigneten Bereichen sollen kontrollierte Überflutungsflächen
geschaffen werden, die bei Sturmfluten als natürliche Puffer dienen.
Gleichzeitig sollen degradierte Küstenfeuchtgebiete renaturiert werden, um
ihre Funktion als natürliche Küstenschutzsysteme wiederherzustellen.
- Dünen sind natürliche Barrieren gegen Sturmfluten. Es sollen Programme zur
Stabilisierung und zum Schutz bestehender Dünensysteme sowie zur Neuanlage
von Dünen in gefährdeten Küstenabschnitten entwickelt werden. Dabei dürfen
die wenigen verbliebenen naturnahen Dünen- und Strandwallbereiche nicht
mit künstlichen Befestigungen oder Steinanschüttungen befestigt werden.
- Seegraswiesen sind natürliche Wellenbrecher, die Erosion verhindern, CO2
binden und wichtige Lebensräume für die marine Biodiversität. Projekte zur
Entwicklung wissenschaftlich fundierter Konzepte zur Renaturierung von
Seegraswiesen sind notwendig.
- Wir fordern ein schnelleres und besser koordiniertes Handeln der
verschiedenen Akteure und Verwaltungsebenen. Dabei müssen die aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnisse in das Landesraumentwicklungsprogramme-MV
und die betroffenen Regionalen Raumentwicklungsprogramme der
Planungsverbände eingebunden werden.
- Erneuerbare Energien
Mecklenburg-Vorpommern hat das Potenzial, eine Vorreiterrolle bei der
Energiewende einzunehmen und bis spätestens 2035 klimaneutral zu werden. Dafür
müssen wir den bereits geplanten Ausbau erneuerbarer Energien massiv
vorantreiben und unnötige fossile Infrastruktur vermeiden. Offshore-Windenergie
ist besonders effizient, denn auf See weht der Wind beständiger und
durchschnittlich stärker als an Land. Auf Meeresflächen erzeugter Windstrom ist
also ein wichtiger Baustein, um eine nachhaltige Energieversorgung und damit die
deutschen Energie- und Klimaziele zu erreichen.
Wir fordern, Offshore-Windkraft zur zentralen Säule der Energiewende zu machen
- Wir fordern den zügigen Personalaufbau bei den Planungsbehörden, damit die
zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, den Netzbetreibern und den
Küstenländern vereinbarten Offshore-Realisierungsvereinbarungen
fristgerecht umgesetzt werden können.
- Wir setzen uns für die Entwicklung von Küsten- und Hafenkonzepten ein, um
Mecklenburg-Vorpommern als zentralen Standort für Offshore-Technologie und
industrielle Wertschöpfung nachhaltig zu stärken.
- Wir wollen die gesetzlichen Grundlagen für die Mehrfachnutzung von
Offshore-Windparks schaffen, insbesondere zur Integration von Blue
Economy-Anwendungen wie der Meeresalgenproduktion an unterseeischen
Strukturen der Windkraftanlagen.
Ergänzend soll eine grüne Wasserstoff-Infrastruktur aufgebaut werden
- Hafeninfrastruktur fit für die Anlandung, das Bunkern und Betanken mit
Wasserstoff machen.
- Wir setzen uns dafür ein, bestehende fossile Infrastrukturen in grüne
Wasserstoff-Infrastruktur umzunutzen, um bestehende Strukturen effizient
weiterzuverwenden und Kosten zu senken.
- Wir unterstützen gezielte und langfristige Investitionen in Wasserstoff-
Technologien und Speicherlösungen, die das grüne Wasserstoffkernnetz
sinnvoll ergänzen und die Energiewende absichern.
- Wir fordern den zügigen Ausbau der Hafeninfrastruktur, um die Anlandung,
das Bunkern und das Betanken mit Wasserstoff flächendeckend zu ermöglichen
und Häfen zukunftsfähig aufzustellen.
- Wirtschaft – Nachhaltigkeit als Chance für Mecklenburg-Vorpommern
Die maritime Wirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftszweig in Mecklenburg-
Vorpommern und insbesondere für den Bereich der erneuerbaren Energien auf
Wachstumskurs. Die Fischerei hingegen steht vor existenziellen
Herausforderungen. Der Klimawandel, Jahrzehnte der Überfischung und hohe
Nährstoffeinträge ließen die Bestände von Dorsch und Hering massiv einbrechen.
Gleichzeitig bieten nachhaltiger Tourismus, eine umweltfreundliche maritime
Wirtschaft und innovative Technologien große Chancen für die Zukunft.
Wir fordern eine nachhaltige Wirtschaft an der Ostsee.
Nachhaltige Seehäfen:
- Statt Flächenerweiterungen in ökologisch sensiblen Küstenabschnitten soll
eine effizientere Nutzung der bestehenden Hafeninfrastruktur priorisiert
werden. Bei unvermeidbaren Kapazitätserweiterungen sollen Flächen im
Hinterland genutzt werden, die eine geringere ökologische Sensibilität
aufweisen. Hierfür sind entsprechende raumplanerische Konzepte zu
entwickeln.
- Die landseitige Stromversorgung für Schiffe (Shore Power) soll in allen
Ostseehäfen des Landes flächendeckend ausgebaut werden, um die
Luftverschmutzung durch laufende Schiffsmotoren in den Häfen zu
reduzieren.
- Die Anbindung der Häfen an das Schienennetz muss deutlich verbessert
werden. Ein Großteil des Hinterlandverkehrs der Ostseehäfen soll auf die
Schiene verlagert werden. Dafür sind entsprechende Infrastrukturmaßnahmen
zu planen und umzusetzen.
- In allen Ostseehäfen sollen moderne Abfallentsorgungskonzepte
implementiert werden, die eine umweltgerechte Entsorgung von
Schiffsabfällen zu gewährleisten und Anreize für Abfallvermeidung zu
schaffen.
Zukunft der Werften – Nachhaltige Transformation statt Krise
- Wir wollen nachhaltiges und umweltfreundliches Schiffsrecycling an
Standorten in Mecklenburg-Vorpommern fördern. Dafür fordern wir ein
Konzept für die Etablierung moderner Schiffsrecycling-Betriebe zu
entwickeln, die höchsten Umwelt- und Arbeitsschutzstandards entsprechen.
Gleichzeitig soll sich die Landesregierung auf Bundesebene für die
notwendige Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen einsetzen, um diese
zukunftsträchtige Branche in Deutschland zu ermöglichen.
- Die Werften und Zulieferbetriebe sollen bei der Umstellung auf
klimafreundliche Schiffstechnologien unterstützt werden, sowohl bei
Entwicklung und Bau von Schiffen mit alternativen, nachhaltigen
Antriebssystemen als auch Reedereien und Schiffseigner bei der Umrüstung
ihrer Flotten auf umweltfreundlichere Technologien.
- Die Forschungsinfrastruktur für maritime Technologien in Mecklenburg-
Vorpommern soll ausgebaut werden, indem branchenspezifische
Technologiezentren, insbesondere der Ocean Technology Campus im
Fischereihafen Rostock, gefördert werden.
- Es soll ein Programm entwickelt werden, um die Werftindustrie in den
Ausbau erneuerbarer Energien zu integrieren. Dabei sollen Werften und
maritime Zulieferer bei der Umstellung ihrer Produktion auf Komponenten
für Offshore-Windkraftanlagen und andere erneuerbare Energietechnologien
unterstützt werden. Dies umfasst Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte
sowie Investitionsförderungen für notwendige Umrüstungen der
Produktionsanlagen.
Nachhaltiger Tourismus – Natur und Wirtschaft in Einklang bringen
- Der aktuelle Gesetzesentwurf zum Landestourismusgesetz soll um
verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für Hotels, Gastronomie und
Freizeitangebote ergänzt werden. Diese Kriterien sollen ökologische
Standards, regionale Wirtschaftskreisläufe und soziale Nachhaltigkeit
umfassen.
- Das Land muss strenge Vorgaben für die Planung und Genehmigung
touristischer Großprojekte in natursensiblen Bereichen entwickeln. Diese
Vorgaben müssen eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung,
Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeitsbewertung beinhalten. Touristische
Großprojekte wie der geplante Center-Parcs auf der Halbinsel Pütnitz
werden derzeit ohne ausreichende Berücksichtigung von Umweltbelangen und
ohne angemessene Bürgerbeteiligung vorangetrieben. Dies führt zu
Konflikten und gefährdet die Akzeptanz des Tourismus in der Bevölkerung
[5].
- Ein landesweites Verkehrssteuerungskonzepts für touristische Hotspots soll
in Zusammenarbeit mit Kommunen und Tourismusverbänden erarbeitet werden.
Darin sollen insbesondere kostenlose Shuttlebusse und Park-and-Ride-
Angebote mitgedacht werden. Die Verkehrssituation auf Rügen und dem
Fischland/Darß hat sich in den Sommermonaten dramatisch zugespitzt. Hier
bedarf es intelligenter Verkehrslösungen, um Staus zu vermeiden und die
Umweltbelastung zu reduzieren.
- Wir fordern die Einführung einer landesweiten Gästekarte, die zur
kostenlosen Nutzung des ÖPNV berechtigt und auch für Einheimische zu
vergünstigten Konditionen verfügbar ist. Parallel dazu soll das ÖPNV- und
SPNV-Angebot in touristischen Regionen ausgebaut werden. Das würde nicht
nur den Individualverkehr reduzieren, sondern auch die Attraktivität des
Urlaubsziels Mecklenburg-Vorpommern steigern. Gleichzeitig profitieren
Einheimische von einem verbesserten ÖPNV-Angebot.
- Ein Förderprogramm für sanften Tourismus in den Nationalparks soll
aufgelegt werden. Dieses soll Projekte unterstützen, die Naturerlebnisse
und Umweltbildung in den Mittelpunkt stellen und besonders nachhaltige
Tourismuskonzepte entwickeln. Nationalparks wie Vorpommersche
Boddenlandschaft/Jasmund zeigen bereits erste Überlastungserscheinungen.
Ein nachhaltiges Besuchermanagement ist erforderlich, um diese wertvollen
Naturräume zu schützen.
- In den Küstenregionen sollen Tourismus-Bürger*innenräten eingerichtet
werden, die bei der Entwicklung touristischer Konzepte mitwirken und die
Interessen der lokalen Bevölkerung vertreten. Die Einbindung der lokalen
Bevölkerung stärkt die Akzeptanz des Tourismus und ermöglicht eine
Entwicklung, die den Bedürfnissen der Menschen vor Ort gerecht wird.
- In den Häfen Mecklenburg-Vorpommerns soll eine gestaffelte Umweltabgabe
für Kreuzfahrtschiffe eingeführt werden, deren Höhe sich nach
Schiffsgröße, Umweltstandards und Verweildauer richtet. Die Einnahmen
sollen zweckgebunden für Umweltschutzmaßnahmen in den Hafenstädten
verwendet werden.
Nachhaltige Fischerei und Schutz der Meeresressourcen:
- Fischereibetriebe sollen künftig bei der Diversifizierung unterstützt
werden, zum Beispiel in Bereichen der Erschließung neuer Zielarten,
Tourismus, Umweltbildung und Meeresnaturschutz. So wird die
wirtschaftliche Stabilität der Betriebe gesichert.
- Die Zusatzqualifikation zum Fachwirt „Fischerei und Meeresumwelt“ (Sea-
Ranger) soll verstetigt werden. Sie soll in die Ausbildung zur
Fischwirt*in integriert werden, um zur Diversifizierung und Stabilisierung
von Einkommen insbesondere in der Küstenfischerei beizutragen und das
Berufsbild zeitgemäß und vor allem auch attraktiv zu gestalten.
- Forschung und Beratung für Fischereiunternehmen soll stärker gefördert
werden, um Nachhaltigkeit in der Fischerei und umweltfreundliche
Fangmethoden zu entwickeln.
- Es soll eine Landesförderung geschaffen werden, die speziell auf die
nachhaltige Kleinfischerei ausgerichtet ist.
- Sicherheitspolitik: Tatort Ostsee
Die geopolitischen Spannungen in der Ostseeregion nehmen zu. Der maritime Raum
Mecklenburg-Vorpommerns gerät stärker in den Fokus internationaler Akteure.
Insbesondere die russische Schattenflotte stand dabei zuletzt wiederholt im
Verdacht. Viele dieser Schiffe fahren unter wechselnden Flaggen, sind über
verschachtelte Konstrukte in Drittstaaten registriert und umgehen gezielt
Sanktionen. Sie nutzen Täuschungstaktiken wie das Abschalten von
Ortungssystemen, um ihre Herkunft und ihre Fracht zu verschleiern. So verlor der
Öltanker Eventin im Februar 2024 die Manövrierfähigkeit und drohte zu
havarieren. Kurz darauf kam es zu einem ähnlichen Notfall des Tankers Jazz, bei
dem Sabotage vermutet wird. Ende 2024 durchtrennte das Schiff Eagle S
Unterseekabel zwischen Estland und Finnland. All diese Vorfälle zeigen: Energie-
und Kommunikationsleitungen in der Ostsee geraten systematisch ins Visier - mit
weitreichenden Folgen. Stromverbindungen und Kommunikationskabel sind essenziell
für Versorgung, Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität. Hinzu kommt das
Umwelt- und Sicherheitsrisiko durch alte, schlecht gewartete Öltanker. Im
Havariefall drohen verheerende Folgen für Natur und Küstenregionen.
Vor diesem Hintergrund begrüßen und unterstützen wir den Aufbau der NATO Baltic
Task Force in Rostock und die enge Zusammenarbeit mit der NATO Mission Baltic
Sentry.
Doch wir wollen noch weitere Maßnahmen ergreifen, um den Frieden im Ostseeraum
zu sichern.
Katastrophenschutz ausbauen
- Relevante Teile der Union Preparedness Strategy sollen umgesetzt werden -
mit besonderem Fokus auf den Ausbau und regelmäßige Wartung von
Frühwarnsystemen für verschiedene Katastrophenszenarien (Hochwasser,
Sturmfluten, Waldbrände etc.). Zudem sollen Redundanzen für kritische
Infrastruktur geschaffen werden, insbesondere für Krankenhäuser,
Feuerwehren und andere Einrichtungen des Katastrophenschutzes: Die
Durchführung regelmäßiger Übungen und Stresstests für verschiedene
Einsatzszenarien unter Einbeziehung aller relevanten Akteure sollen
ebenfalls vorangetrieben werden.
- Der 2021 beschlossene Schulungsstandort der „Bundesakademie für
Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung“ auf dem Stralsunder Dänholm
mit dem Schwerpunkt „Wasserrettung“ ist umgehend durch das
Bundesinnenministerium umzusetzen. Die für den Neubau benötigten Gelder
sind durch den Bundeshaushalt bereitzustellen.
- Die Koordination zwischen verschiedenen Verwaltungsebenen muss verbessert
werden. Es braucht dafür die Etablierung klarer Kommunikations- und
Entscheidungsstrukturen zwischen kommunaler, Landes- und Bundesebene,
sowie regelmäßige gemeinsame Übungen und Schulungen der
Katastrophenschutzbehörden aller Ebenen, dabei muss Katastrophenschutz
inklusiv gedacht werden. Die Ausarbeitung klar definierter Zuständigkeiten
und Reaktionsmechanismen muss ebenfalls forciert werden.
- Absicherung gegen wirtschaftliche Schäden und Umweltkatastrophen durch die
Einrichtung eines Landeshilfsfonds für Katastrophenfälle, in denen
Verursacher nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.
- Die Kooperation mit dem privaten Sektor soll intensiviert werden,
insbesondere beim Austausch von Informationen durch die Betreiber der
Unterseekabel, um eine schnelle Reparatur zu gewährleisten und damit den
potenziellen Schaden zu minimieren.
Sicherheit im Ostseeraum stärken
- Die Zusammenarbeit mit allen Ostseeanrainern zur zivilen
Konfliktprävention und Friedenssicherung muss intensiviert werden. Dies
umfasst insbesondere die konsequente Umsetzung des VN-
Seerechtsübereinkommens und die Stärkung regionaler Kooperationsformate
wie dem Ostseerat.
- Für maritime Notfälle muss ein verbindlicher Krisenreaktionsmechanismus
etabliert werden, der eine enge Koordination und Kooperation bei der
Reparatur beschädigter Infrastruktur sowie bei der Festsetzung von
Schiffen, die Schäden verursachen, gewährleistet. Dieser Mechanismus soll
proaktiven Informationsaustausch und schnelle Kommunikationskanäle
zwischen den zuständigen Behörden der Ostseestaaten sicherstellen.
- Wir fordern die Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Schutzkonzepts
für kritische maritime Infrastruktur, insbesondere für Seehäfen,
Unterwasserpipelines, Stromleitungen und Datenkabel. Dies beinhaltet
Investitionen in fortschrittliche Überwachungstechnologien wie
hydroakustische Systeme und unbemannte Unterwasserdrohnen zur
Echtzeitüberwachung. Die Maßnahmen sollen an bestehende NATO-Initiativen
angebunden und mit zukünftigen EU-Maßnahmen wie der Cable Security Toolbox
harmonisiert werden.
- Der Dialog zwischen Umwelt- und Sicherheitspolitik soll intensiviert und
gefördert werden. Ziel ist es, militärische Aktivitäten in der Ostsee
umweltverträglich zu gestalten und Risiken für die maritime Ökologie zu
minimieren. Dabei soll die Durchsetzung von Umweltschutz- und
Sicherheitsstandards gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten
Nationen konsequent verfolgt werden.
Vorgehen gegen gezielte Sabotage
- Um die Sicherheit des Seeverkehrs in der Ostsee angesichts des steigenden
Verkehrsaufkommens zu erhöhen, sind moderne Navigationshilfen, verbesserte
Schiffsverkehrsdienste (VTS) und strenge Sicherheitsvorschriften
einzuführen und konsequent anzuwenden.
- Eine koordinierte Strategie soll entwickelt werden, um die von der
russischen "Schattenflotte" ausgehenden Bedrohungen zu bekämpfen. Auch
soll es künftig eine verstärkte Überwachung des Seeverkehrs und
intensiveren Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse zwischen den
Ostseeanrainerstaaten geben.
- Es braucht einen klaren Rechtsrahmen zur Durchsetzung von Vorschriften zur
Minimierung von Sicherheitsrisiken, einschließlich der rechtssicheren
Option, Schiffe bei Verstößen gegen Sicherheitsbestimmungen festzusetzen.
Der Fall der Festsetzung des Tankers "Eventin" hat gezeigt, dass
Unklarheiten im rechtlichen Rahmen bestehen, die dringend beseitigt werden
müssen [6].
- Dringend notwendig sind die Einführung einer strengeren Überprüfung der
Versicherungen von Schiffen und die Unterbindung des illegalen Verkaufs
von Tankern an die russische Schattenflotte. Dies soll durch ein Verbot
für Schiffe ohne entsprechende Versicherung, sich in EU-Gewässern
aufzuhalten, gelingen sowie durch die Einführung einer nationalen
Steuerung von Schiffsverkäufen durch Reedereien mit vorheriger
Risikoprüfung.
- Schiffe, die unter Umgehung der von der EU verhängten Sanktionen
russisches Rohöl transportieren, sollen konsequent sanktioniert werden.
- Auf Bundesebene soll ein Sicherheitsgesetzt erarbeitet werden, das die
Zuständigkeiten innerhalb der deutschen Hoheitsgewässer klar regelt und
Handlungssicherheit für die beteiligten Behörden schafft. Die
Landesregierung soll dabei unterstützen.
- Die Kapazitäten der Wasserschutzpolizei in Mecklenburg-Vorpommern müssen
erhöht werden, um eine effektivere Überwachung der Schifffahrtswege in den
Küstengewässern des Landes zu gewährleisten.
FAZIT
Klimaschutz und Sicherheit sind Gemeinschaftsaufgaben, die wir nur gemeinsam
bewältigen können. Mecklenburg-Vorpommern hat das Potenzial, Vorreiter beim
Schutz der Ostsee und auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft zu werden. Das
gelingt aber nur, wenn wir ökologische Verantwortung, wirtschaftliche Vernunft
und sicherheitspolitisches Denken miteinander verbinden – anstatt sie
gegeneinander auszuspielen. Eine gesunde Umwelt ist keine Nebensache, sie ist
die Grundlage für Wohlstand und soziale Stabilität. Die Ostsee zeigt uns, wie
alles zusammenhängt: Wo Natur geschützt wird, bleibt Lebensqualität erhalten. Wo
nachhaltige Energie erzeugt wird, wächst die Unabhängigkeit. Und wo wir
gemeinsam handeln, entstehen Zukunftsperspektiven für alle. Deshalb fordern wir,
jetzt mutig voranzugehen – für eine starke Region, eine gesunde Ostsee und ein
Leben in Sicherheit und Frieden.
Referenzen:
[1] 41. Deutsche Tourismusanalyse 2025, BAT-Stiftung für Zukunftsfragen.
[2] European State of the Climate 2024, Copernicus Climate Change Service (C3S)
and the World Meteorological Organization (WMO) and European Union, represented
by the European Centre for Medium‑Range Weather Forecasts (ECMWF), 2025.
https://climate.copernicus.eu/esotc/2024.
[3] Landesverordnung über besondere Anforderungen an die Düngung in belasteten
Gebieten (Düngelandesverordnung – DüLVO M-V), Anlage 1, 17. Januar 2023.
[4] Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Bestandsaufnahme und
Empfehlungen (Stand 2011), Meeresumwelt Aktuell Nord- und Ostsee, 2011/3,
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Hamburg und Rostock 2011.
[6] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/tanker-eventin-rechtsmittel-
100.html
Unterstützer*innen
- Anja Eggert (KV Rostock)
- Katharina Horn (KV Vorpommern-Greifswald)
- Ole Krüger (KV Rostock)
- Sebastian Hüller (KV Landkreis Rostock)