Antrag: | Für einen Tourismus, der unser Land voranbringt |
---|---|
Antragsteller*in: | Ole Krüger (KV Rostock) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 20.05.2025, 18:51 |
V11-Ä2: Für einen Tourismus, der unser Land voranbringt
Antragstext
Von Zeile 64 bis 66 löschen:
Zahlreiche Regionen unseres Landes habenaufgrund der Schließungen volkseigener Betriebe nach der Wiedervereinigung eine beispiellose Abwanderung erlebt. Damit einher ging das langsame Verschwinden und der teilweise gezielte Rückbau der
Mecklenburg-Vorpommern zeichnet sich durch seine lange Ostseeküste, zahlreiche
Seen, Nationalparks und weiten Landschaften aus. Die einzigartige Natur macht
unser Bundesland zum beliebtesten Urlaubsziel Deutschlands. Zuletzt begrüßten
wir über 8 Mio. Gäst*innen im Jahr, die mehr als 33 Mio Übernachtungen
generierten und ein Gesamtvolumen von über 7 Mrd. Euro erwirtschafteten. Allein
das Gastgewerbe setzte durch sie über 2 Mrd. Euro um und bringt über 50.000
Menschen in Lohn- und Brot. Damit ist der Tourismus einer der wichtigsten
Arbeitgeber Mecklenburg-Vorpommerns. Er ist kein „Nice-to-have“, sondern für
viele Gemeinden unseres Landes eine tragende Säule der Wirtschaft vor Ort.
Damit der Tourismus im Land zukunftsfähig bleibt und auch Gemeinden außerhalb
von großen Tourismusregionen von ihm zukünftig profitieren, muss er
regionalspezifisch entwickelt werden - nach klaren Leitlinien und mit klaren
Abstimmungswegen zwischen den Gemeinden, Tourismusverbänden und Anwohner*innen.
Deswegen unterstützen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern die
Entwicklung eines Landestourismusgesetzes, das alle touristischen Gemeinden in
Tourismusdestinationen zusammenfasst, eine faire Gäste- und Tourismusabgabe
vorschreibt und die Tourismuswirtschaft nach folgenden drei Leitlinien
ausrichtet:
- Stärkung des umweltschonenden Tourismus
Wir müssen unsere einzigartigen Naturlandschaften erhalten, denn sie sind der
Grund dafür, dass so viele Menschen Erholung bei uns suchen. Bei jedem neuen
Bauprojekt müssen die ökonomischen, aber auch ökologischen Folgen abgewogen
werden. Tourismusprojekte, die massiv in die Umwelt oder heimische Landschaft
eingreifen, lehnen wir ab. Es gilt, die historische Kulisse unserer See- und
Heilbäder zu erhalten. Neue Großprojekte müssen nicht nur hohen Sozial- und
Klimaschutzstandards gerecht werden, sondern auch an den Öffentlichen
Personennahverkehr angeschlossen sein.
Bus und Bahn statt Verkehrslärm
Die touristische An- und Abreise mit dem Privat-Auto darf nicht zu einer
Überlastung unseres Straßennetzes führen. Im Schnitt verbringen Gäst*innen rund
4,1 Tage in unserem Bundesland. D.h., die Masse der An- und Abreisen fallen
nicht nur mit den Sommerferienzeiten, sondern auch den verlängerten Wochenenden
zusammen. Die Folge sind verstopfte Straßen in unseren Tourismusregionen. Wir
wollen den heimischen Tourismus unterstützen, indem gerade zu diesen Stoßzeiten
mehr und längere Züge fahren und sowohl der ÖPNV als auch das regionale
Radwegenetz ausgebaut werden. So können mehr Tourist*innen das eigene Auto
stehen lassen und die Verkehrssituation vor Ort wird spürbar entlastet.
Nachhaltigen Tourismus sichtbar machen
Um die Entwicklung der umweltschonenden Tourismuswirtschaft darüber hinaus zu
unterstützen, soll ein hauptamtliches Nachhaltigkeitsmanagement in jeder
Tourismusdestination abgesichert sein. Hierüber können am besten gezielte
Investitionen in nachhaltige Tourismusinfrastruktur wie Wanderwege,
Naturerlebnispfade und Radrouten vor Ort koordiniert werden.
Um nachhaltige Destinationen für Gäste klar zu kennzeichnen und auffindbar zu
machen, wollen wir nachhaltige Betriebe und Betriebe auf dem Weg dorthin in
einer einheitlichen touristischen Landesdatenbank erfassen und dort verschiedene
nachhaltige Kriterien, wie alternative Energiequellen, E-Ladestationen,
Bioqualität, Regionalität, ÖPNV-Erreichbarkeit usw. sichtbar machen. Für
klimaneutrale Tourismusbetriebe sollen außerdem eine Zertifizierung entwickelt
und Fördermöglichkeiten für Umstellungsmaßnahmen auf dem Weg dahin
bereitgestellt werden.
Regionale Wertschöpfungsketten zwischen Tourismusbetrieben und lokalen
Lebensmittelproduzenten wollen wir weiter unterstützen und fördern. Auch
Naturerlebnistourismus und Bildungsangebote im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit
müssen ihren festen Platz in unserem Bundesland haben.
Tourismus gemeinsam entwickeln
Für uns steht fest, dass in jede Region ein anderer Tourismus passt. Es sind die
Gemeinden, die am besten wissen, ob bei ihnen Bade-, Reit- oder Eventtourismus
seinen Platz hat. Deswegen wollen wir, dass die Tourismusverbände bei der
Vernetzung sowie Entwicklung von regionalpassenden Tourismuskonzepten
unterstützen. Die letzte und finale Entscheidung muss aber die Bürger*innen-
Vertretung vor Ort haben.
- Wiederbelebung der ländlichen Regionen
Zahlreiche Regionen unseres Landes habenaufgrund der Schließungen volkseigener
Betriebe nach der Wiedervereinigung eine beispiellose Abwanderung erlebt. Damit
einher ging das langsame Verschwinden und der teilweise gezielte Rückbau der
öffentlichen Infrastruktur. Zurückgeblieben sind vielerorts vereinsamte
Innenstädte und eine zunehmend überalterte Gesellschaft. Durch eine gezielte
Tourismusförderung können nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch ein
gesamtgesellschaftlicher Aufschwung entstehen.
Obergrenzen schaffen, damit Platz für alle ist
Mancherorts sind Regionen inzwischen an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen. Der
Tourismus belastet die dortige Infrastruktur, schränkt zunehmend Naturraum ein
und Einheimische fühlen sich als Gast an ihrem Wohnort. Um eine Überlastung und
negative Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung und die Umwelt zu verhindern,
braucht es Lösungen, die Anzahl der Übernachtungen in entsprechend touristisch
geprägten Regionen oder Orten zu begrenzen. Wir setzen uns dafür ein, dass im
Tourismusgesetz des Landes eine Öffnungsklausel aufgenommen wird, die den
Kommunen die Festlegung einer Bettenobergrenze gestattet und den Rahmen
gestaltet, innerhalb dessen sich die Kommunen damit bewegen dürfen.
Dafür braucht es in einem ersten Schritt eine sorgfältige Erfassung aller
touristisch vermieteten Betten, auch privat angebotener und Zustellbetten. Eine
flächendeckend digitale Erhebung der Gästeabgabe wäre hierfür ein wichtiger
Schritt, da sich darüber alle Betten einfacher erfassen ließen. Ausnahmen für
bestehende Betriebe und Sonderregelungen müssen in Bettenobergrenzen ebenfalls
aufgeführt werden, denn oft ermöglicht gerade die Privatvermietung Einheimischen
noch, in touristischen Ballungszentren mit entsprechend hohen
Lebenshaltungskosten und geringem Einkommen wohnen zu können. Diese
Wertschöpfung vor Ort unterstützen wir. Die Bettenobergrenze muss einer
regelmäßigen Evaluation unterliegen, um ggf. bedarfsgerecht angepasst werden zu
können.
Tourismus im Einklang mit Mensch und Region
Wir fordern zudem eine verpflichtende Wohnraumerhaltungssatzung in touristisch
geprägten Kommunen. Wo vorher ein Hauptwohnsitz war, muss damit auch nach einer
Immobilienveräußerung ein Hauptwohnsitz erhalten bleiben. Jede Form der
Umwandlung und Umnutzung wird damit genehmigungspflichtig. Bereits bestehende
Ferienwohnungen sollen dabei unter Bestandsschutz gestellt werden. Über
Bebauungsplanungen sollen Gemeinden außerdem Einfluss nehmen, wieviel Bauland
wofür ausgeschrieben wird. Baugenehmigungen für weitere Hotels sollen nur noch
erteilt werden, wenn ein glaubhaftes Konzept vorgelegt werden kann, wo und wie
die zusätzlichen Arbeitskräfte untergebracht werden können und wie die
zusätzlichen Gäste und deren An- und Abreisen die örtliche Infrastruktur (z.B.
Einkaufsmöglichkeiten, Straßennetz, ÖPNV usw.) voraussichtlich beeinflussen. Um
die ortstypischen Bilder der touristischen Orte, die häufig eine einzigartige
Architektur aufweisen, dauerhaft zu erhalten, müssen alle Kommunen, die
touristische Abgaben erheben, außerdem eine Gestaltungssatzung vorweisen, um
über Beteiligungsprozesse Einfluss auf die Gestaltung, Planung und damit auch
auf die regionale Identität und Individualität ihres Ortes zu behalten.
Tourismusakzeptanz fördern
Um Einwohner*innen zu entlasten, die sich vor allem in touristisch stark
geprägten Gebieten höheren Lebenshaltungskosten ausgesetzt sehen, setzen wir uns
dafür ein, zu prüfen, ob es gesetzliche Möglichkeiten gibt, Einwohner*innen
Mecklenburg-Vorpommerns landesweit von einer Gästeabgabe zu befreien. Dieser
Schritt würde in hohem Maße die Tourismusakzeptanz fördern und die Kommunen
durch eine klare Regelung diesbezüglich unbürokratisch entlasten.
Daseinsversorgung denkt alle Menschen mit
Bislang orientiert sich die Finanzierung unserer Gesundheitsangebote vor Ort an
der Anzahl der Einwohner*innen im Einzugsgebiet. Doch gerade in den
Tourismusregionen vervielfachen sich die vor Ort lebenden Menschen, wenn auch
nur für wenige Wochen im Jahr. Auch im (Kurz-)Urlaub können Menschen Unfälle
erleiden oder medizinische Beratung benötigen. Wir setzen uns dafür ein, dass
sich Bund und Land nicht nur an der bloßen Einwohnerzahl orientieren, sondern
auch das erwartete touristische Aufkommen der Saison in Betracht ziehen.
Um Staus und überfüllte Züge zu vermeiden, braucht es so schnell wie möglich
eine Verkehrsplanung, die höhere Zug- und Buskapazitäten zu den Ferienzeiten
einkalkuliert und zum Auto alternative An- und Abreisemöglichkeiten schafft. Nur
wenn das Bus- und Bahnangebot attraktiver für unsere Gäste wird, bleiben unsere
Straßen frei, wächst der Parkplatzdruck auf unsere Kommunen nicht weiter, wird
die Natur entlastet und auch die Akzeptanz von Tourismus unter den Einheimischen
steigt.
- Ausbau guter Arbeitsplätze
Rund 27.000 Menschen arbeiten in der Gastronomie, rund 24.500 Menschen halten
das Gastgewerbe am Laufen. Dabei konzentriert sich die Hauptlast der Arbeit auf
die Sommermonate. Die Tourismusbranche in MV ist geprägt von Saisonarbeit,
niedrigen Löhnen und oft prekären Arbeitsbedingungen. Schon jetzt ist der
allgemeine Arbeitskräftemangel in der Tourismusbranche zu spüren. Geschäfte und
Restaurants öffnen später und schließen früher im Jahr. Für Arbeitnehmer*innen
bedeutet dies, dass sie sich für mehrere Monate andere Einkommensmöglichkeiten
suchen müssen. Dadurch wird der heimische Tourismus für viele potenzielle
Arbeitnehmer*innen unattraktiv. Hier deutet sich ein Teufelskreis an, der
durchbrochen werden muss, wenn wir dem Arbeitskräftemangel in der
Tourismusbranche etwas entgegensetzen wollen.
Wir wollen den Tourismus zu einer Branche mit guten Arbeitsbedingungen und
fairen Löhnen entwickeln. Dafür setzen wir uns für einen Branchenmindestlohn
ein, der (deutlich) über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt und fördern die
Tarifbindung in der Branche.
Um die Saisonalität zu verringern, unterstützen wir die Entwicklung von
Ganzjahresangeboten, wie Gesundheits- und Wellnesstourismus, Kulturtourismus und
naturverträgliche Winteraktivitäten. Betriebe, die ganzjährig geöffnet haben und
unbefristete Arbeitsverträge anbieten, sollen eine besondere Förderung erhalten.
Zudem wollen wir in ein Aus- und Weiterbildungsprogramm investieren, um dem
Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Qualität der touristischen Angebote zu
steigern.
Kulturförderung ist Tourismusförderung
Damit unsere Tourismusregionen auch außerhalb der Hauptsaison lebendige Orte
sind, wollen wir gezielt durch die Tourismusabgabe wetterunabhängige Angebote
stärken. Seien es Klassikkonzerte, Theateraufführungen oder das kleine Kino im
Ort. Kulturförderung ist Wirtschaftsförderung. Nicht nur für die Gastronomie und
Hotellerie vor Ort, sondern auch für die ortsansässigen Künstler*innen, von
deren Angebot nicht nur Tourist*innen, sondern auch Anwohner*innen profitieren.
Zur Förderung der regionalen Kulturszene sollen bevorzugt Kulturschaffende
engagiert werden, die ihren Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern haben. Um dem
eklatanten Gender Pay Gap in der Kulturbranche entgegenzuwirken, setzen wir uns
außerdem dafür ein, dass für kulturelle Angebote, die aus der Gästeabgabe
finanziert werden, 50% Frauen, Inter, Trans* oder Agender verpflichtet werden.
Schwimmunterricht und Badetourismus zusammendenken
Bereits jetzt haben wir im Land nicht genügend Schwimmhallen, damit unsere
Kinder das sichere Schwimmen erlernen können.
Wir setzen uns dafür ein, dass Vereine und Initiativen, die zertifizierten
Schwimmunterricht anbieten, ausreichend finanzielle Unterstützung erhalten, um
die Nutzung von Schwimmbecken in Hotels und anderen touristischen Anlagen
finanzieren zu können. Dadurch steigern wir die Akzeptanz des Tourismus vor Ort
und ermöglichen den Inhaber*innen zusätzliche Einnahmen außerhalb der Saison.
Gute Arbeit braucht fairen Lohn
Wir fordern zudem eine schnellere und unkomplizierte Anerkennung ausländischer
Berufsabschlüsse, damit alle Arbeitnehmer*innen gemäß ihrer Qualifikationen
arbeiten und verdienen können. Kommunale- oder Landesfördermittel sollen nur
noch für Tourismusbetriebe genehmigt werden, deren Arbeitnehmer*innen tariftreu
entlohnt werden.
Nur ein klarer gesetzlicher Rahmen bringt unser Land voran!
Das in Arbeit befindliche Landestourismusgesetz ist nicht entlang unserer
bündnisgrünen touristischen Leitlinien entstanden. Das Resultat ist ein
Gesetzesvorschlag, der weder Nachhaltigkeit im Tourismus fördert noch klare
juristische Sicherheit bietet. Die Vorschläge der Städte und Gemeinden, des
Tourismusverbandes und der anderen beteiligten Tourismus-Akteure sind nicht
genügend aufgegriffen worden. Daher braucht es einen schnellen und entschiedenen
Neustart unter enger Beteiligung der Tourismusbranche
Wir fordern die Landesregierung auf, einen Neustart entlang unserer Leitlinien
zu starten. Nur so können alle Akteure auf Augenhöhe gemeinsam ein Gesetz
erarbeiten, dass unsere Natur schützt, unsere Wirtschaft stärkt und unsere
Regionen entwickelt.
Unterstützer*innen
- Cindy Wohlrab (KV Vorpommern-Rügen)
- Jutta Wegner (KV Mecklenburgische Seenplatte)
- Martin Kühl (KV Nordwestmecklenburg)
- Udo Tremmel (KV Vorpommern-Rügen)
Von Zeile 64 bis 66 löschen:
Zahlreiche Regionen unseres Landes habenaufgrund der Schließungen volkseigener Betriebe nach der Wiedervereinigung eine beispiellose Abwanderung erlebt. Damit einher ging das langsame Verschwinden und der teilweise gezielte Rückbau der
Mecklenburg-Vorpommern zeichnet sich durch seine lange Ostseeküste, zahlreiche
Seen, Nationalparks und weiten Landschaften aus. Die einzigartige Natur macht
unser Bundesland zum beliebtesten Urlaubsziel Deutschlands. Zuletzt begrüßten
wir über 8 Mio. Gäst*innen im Jahr, die mehr als 33 Mio Übernachtungen
generierten und ein Gesamtvolumen von über 7 Mrd. Euro erwirtschafteten. Allein
das Gastgewerbe setzte durch sie über 2 Mrd. Euro um und bringt über 50.000
Menschen in Lohn- und Brot. Damit ist der Tourismus einer der wichtigsten
Arbeitgeber Mecklenburg-Vorpommerns. Er ist kein „Nice-to-have“, sondern für
viele Gemeinden unseres Landes eine tragende Säule der Wirtschaft vor Ort.
Damit der Tourismus im Land zukunftsfähig bleibt und auch Gemeinden außerhalb
von großen Tourismusregionen von ihm zukünftig profitieren, muss er
regionalspezifisch entwickelt werden - nach klaren Leitlinien und mit klaren
Abstimmungswegen zwischen den Gemeinden, Tourismusverbänden und Anwohner*innen.
Deswegen unterstützen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern die
Entwicklung eines Landestourismusgesetzes, das alle touristischen Gemeinden in
Tourismusdestinationen zusammenfasst, eine faire Gäste- und Tourismusabgabe
vorschreibt und die Tourismuswirtschaft nach folgenden drei Leitlinien
ausrichtet:
- Stärkung des umweltschonenden Tourismus
Wir müssen unsere einzigartigen Naturlandschaften erhalten, denn sie sind der
Grund dafür, dass so viele Menschen Erholung bei uns suchen. Bei jedem neuen
Bauprojekt müssen die ökonomischen, aber auch ökologischen Folgen abgewogen
werden. Tourismusprojekte, die massiv in die Umwelt oder heimische Landschaft
eingreifen, lehnen wir ab. Es gilt, die historische Kulisse unserer See- und
Heilbäder zu erhalten. Neue Großprojekte müssen nicht nur hohen Sozial- und
Klimaschutzstandards gerecht werden, sondern auch an den Öffentlichen
Personennahverkehr angeschlossen sein.
Bus und Bahn statt Verkehrslärm
Die touristische An- und Abreise mit dem Privat-Auto darf nicht zu einer
Überlastung unseres Straßennetzes führen. Im Schnitt verbringen Gäst*innen rund
4,1 Tage in unserem Bundesland. D.h., die Masse der An- und Abreisen fallen
nicht nur mit den Sommerferienzeiten, sondern auch den verlängerten Wochenenden
zusammen. Die Folge sind verstopfte Straßen in unseren Tourismusregionen. Wir
wollen den heimischen Tourismus unterstützen, indem gerade zu diesen Stoßzeiten
mehr und längere Züge fahren und sowohl der ÖPNV als auch das regionale
Radwegenetz ausgebaut werden. So können mehr Tourist*innen das eigene Auto
stehen lassen und die Verkehrssituation vor Ort wird spürbar entlastet.
Nachhaltigen Tourismus sichtbar machen
Um die Entwicklung der umweltschonenden Tourismuswirtschaft darüber hinaus zu
unterstützen, soll ein hauptamtliches Nachhaltigkeitsmanagement in jeder
Tourismusdestination abgesichert sein. Hierüber können am besten gezielte
Investitionen in nachhaltige Tourismusinfrastruktur wie Wanderwege,
Naturerlebnispfade und Radrouten vor Ort koordiniert werden.
Um nachhaltige Destinationen für Gäste klar zu kennzeichnen und auffindbar zu
machen, wollen wir nachhaltige Betriebe und Betriebe auf dem Weg dorthin in
einer einheitlichen touristischen Landesdatenbank erfassen und dort verschiedene
nachhaltige Kriterien, wie alternative Energiequellen, E-Ladestationen,
Bioqualität, Regionalität, ÖPNV-Erreichbarkeit usw. sichtbar machen. Für
klimaneutrale Tourismusbetriebe sollen außerdem eine Zertifizierung entwickelt
und Fördermöglichkeiten für Umstellungsmaßnahmen auf dem Weg dahin
bereitgestellt werden.
Regionale Wertschöpfungsketten zwischen Tourismusbetrieben und lokalen
Lebensmittelproduzenten wollen wir weiter unterstützen und fördern. Auch
Naturerlebnistourismus und Bildungsangebote im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit
müssen ihren festen Platz in unserem Bundesland haben.
Tourismus gemeinsam entwickeln
Für uns steht fest, dass in jede Region ein anderer Tourismus passt. Es sind die
Gemeinden, die am besten wissen, ob bei ihnen Bade-, Reit- oder Eventtourismus
seinen Platz hat. Deswegen wollen wir, dass die Tourismusverbände bei der
Vernetzung sowie Entwicklung von regionalpassenden Tourismuskonzepten
unterstützen. Die letzte und finale Entscheidung muss aber die Bürger*innen-
Vertretung vor Ort haben.
- Wiederbelebung der ländlichen Regionen
Zahlreiche Regionen unseres Landes habenaufgrund der Schließungen volkseigener nach der Wiedervereinigung eine beispiellose Abwanderung erlebt. Damit
Betriebe
einher ging das langsame Verschwinden und der teilweise gezielte Rückbau der
öffentlichen Infrastruktur. Zurückgeblieben sind vielerorts vereinsamte
Innenstädte und eine zunehmend überalterte Gesellschaft. Durch eine gezielte
Tourismusförderung können nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch ein
gesamtgesellschaftlicher Aufschwung entstehen.
Obergrenzen schaffen, damit Platz für alle ist
Mancherorts sind Regionen inzwischen an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen. Der
Tourismus belastet die dortige Infrastruktur, schränkt zunehmend Naturraum ein
und Einheimische fühlen sich als Gast an ihrem Wohnort. Um eine Überlastung und
negative Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung und die Umwelt zu verhindern,
braucht es Lösungen, die Anzahl der Übernachtungen in entsprechend touristisch
geprägten Regionen oder Orten zu begrenzen. Wir setzen uns dafür ein, dass im
Tourismusgesetz des Landes eine Öffnungsklausel aufgenommen wird, die den
Kommunen die Festlegung einer Bettenobergrenze gestattet und den Rahmen
gestaltet, innerhalb dessen sich die Kommunen damit bewegen dürfen.
Dafür braucht es in einem ersten Schritt eine sorgfältige Erfassung aller
touristisch vermieteten Betten, auch privat angebotener und Zustellbetten. Eine
flächendeckend digitale Erhebung der Gästeabgabe wäre hierfür ein wichtiger
Schritt, da sich darüber alle Betten einfacher erfassen ließen. Ausnahmen für
bestehende Betriebe und Sonderregelungen müssen in Bettenobergrenzen ebenfalls
aufgeführt werden, denn oft ermöglicht gerade die Privatvermietung Einheimischen
noch, in touristischen Ballungszentren mit entsprechend hohen
Lebenshaltungskosten und geringem Einkommen wohnen zu können. Diese
Wertschöpfung vor Ort unterstützen wir. Die Bettenobergrenze muss einer
regelmäßigen Evaluation unterliegen, um ggf. bedarfsgerecht angepasst werden zu
können.
Tourismus im Einklang mit Mensch und Region
Wir fordern zudem eine verpflichtende Wohnraumerhaltungssatzung in touristisch
geprägten Kommunen. Wo vorher ein Hauptwohnsitz war, muss damit auch nach einer
Immobilienveräußerung ein Hauptwohnsitz erhalten bleiben. Jede Form der
Umwandlung und Umnutzung wird damit genehmigungspflichtig. Bereits bestehende
Ferienwohnungen sollen dabei unter Bestandsschutz gestellt werden. Über
Bebauungsplanungen sollen Gemeinden außerdem Einfluss nehmen, wieviel Bauland
wofür ausgeschrieben wird. Baugenehmigungen für weitere Hotels sollen nur noch
erteilt werden, wenn ein glaubhaftes Konzept vorgelegt werden kann, wo und wie
die zusätzlichen Arbeitskräfte untergebracht werden können und wie die
zusätzlichen Gäste und deren An- und Abreisen die örtliche Infrastruktur (z.B.
Einkaufsmöglichkeiten, Straßennetz, ÖPNV usw.) voraussichtlich beeinflussen. Um
die ortstypischen Bilder der touristischen Orte, die häufig eine einzigartige
Architektur aufweisen, dauerhaft zu erhalten, müssen alle Kommunen, die
touristische Abgaben erheben, außerdem eine Gestaltungssatzung vorweisen, um
über Beteiligungsprozesse Einfluss auf die Gestaltung, Planung und damit auch
auf die regionale Identität und Individualität ihres Ortes zu behalten.
Tourismusakzeptanz fördern
Um Einwohner*innen zu entlasten, die sich vor allem in touristisch stark
geprägten Gebieten höheren Lebenshaltungskosten ausgesetzt sehen, setzen wir uns
dafür ein, zu prüfen, ob es gesetzliche Möglichkeiten gibt, Einwohner*innen
Mecklenburg-Vorpommerns landesweit von einer Gästeabgabe zu befreien. Dieser
Schritt würde in hohem Maße die Tourismusakzeptanz fördern und die Kommunen
durch eine klare Regelung diesbezüglich unbürokratisch entlasten.
Daseinsversorgung denkt alle Menschen mit
Bislang orientiert sich die Finanzierung unserer Gesundheitsangebote vor Ort an
der Anzahl der Einwohner*innen im Einzugsgebiet. Doch gerade in den
Tourismusregionen vervielfachen sich die vor Ort lebenden Menschen, wenn auch
nur für wenige Wochen im Jahr. Auch im (Kurz-)Urlaub können Menschen Unfälle
erleiden oder medizinische Beratung benötigen. Wir setzen uns dafür ein, dass
sich Bund und Land nicht nur an der bloßen Einwohnerzahl orientieren, sondern
auch das erwartete touristische Aufkommen der Saison in Betracht ziehen.
Um Staus und überfüllte Züge zu vermeiden, braucht es so schnell wie möglich
eine Verkehrsplanung, die höhere Zug- und Buskapazitäten zu den Ferienzeiten
einkalkuliert und zum Auto alternative An- und Abreisemöglichkeiten schafft. Nur
wenn das Bus- und Bahnangebot attraktiver für unsere Gäste wird, bleiben unsere
Straßen frei, wächst der Parkplatzdruck auf unsere Kommunen nicht weiter, wird
die Natur entlastet und auch die Akzeptanz von Tourismus unter den Einheimischen
steigt.
- Ausbau guter Arbeitsplätze
Rund 27.000 Menschen arbeiten in der Gastronomie, rund 24.500 Menschen halten
das Gastgewerbe am Laufen. Dabei konzentriert sich die Hauptlast der Arbeit auf
die Sommermonate. Die Tourismusbranche in MV ist geprägt von Saisonarbeit,
niedrigen Löhnen und oft prekären Arbeitsbedingungen. Schon jetzt ist der
allgemeine Arbeitskräftemangel in der Tourismusbranche zu spüren. Geschäfte und
Restaurants öffnen später und schließen früher im Jahr. Für Arbeitnehmer*innen
bedeutet dies, dass sie sich für mehrere Monate andere Einkommensmöglichkeiten
suchen müssen. Dadurch wird der heimische Tourismus für viele potenzielle
Arbeitnehmer*innen unattraktiv. Hier deutet sich ein Teufelskreis an, der
durchbrochen werden muss, wenn wir dem Arbeitskräftemangel in der
Tourismusbranche etwas entgegensetzen wollen.
Wir wollen den Tourismus zu einer Branche mit guten Arbeitsbedingungen und
fairen Löhnen entwickeln. Dafür setzen wir uns für einen Branchenmindestlohn
ein, der (deutlich) über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt und fördern die
Tarifbindung in der Branche.
Um die Saisonalität zu verringern, unterstützen wir die Entwicklung von
Ganzjahresangeboten, wie Gesundheits- und Wellnesstourismus, Kulturtourismus und
naturverträgliche Winteraktivitäten. Betriebe, die ganzjährig geöffnet haben und
unbefristete Arbeitsverträge anbieten, sollen eine besondere Förderung erhalten.
Zudem wollen wir in ein Aus- und Weiterbildungsprogramm investieren, um dem
Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Qualität der touristischen Angebote zu
steigern.
Kulturförderung ist Tourismusförderung
Damit unsere Tourismusregionen auch außerhalb der Hauptsaison lebendige Orte
sind, wollen wir gezielt durch die Tourismusabgabe wetterunabhängige Angebote
stärken. Seien es Klassikkonzerte, Theateraufführungen oder das kleine Kino im
Ort. Kulturförderung ist Wirtschaftsförderung. Nicht nur für die Gastronomie und
Hotellerie vor Ort, sondern auch für die ortsansässigen Künstler*innen, von
deren Angebot nicht nur Tourist*innen, sondern auch Anwohner*innen profitieren.
Zur Förderung der regionalen Kulturszene sollen bevorzugt Kulturschaffende
engagiert werden, die ihren Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern haben. Um dem
eklatanten Gender Pay Gap in der Kulturbranche entgegenzuwirken, setzen wir uns
außerdem dafür ein, dass für kulturelle Angebote, die aus der Gästeabgabe
finanziert werden, 50% Frauen, Inter, Trans* oder Agender verpflichtet werden.
Schwimmunterricht und Badetourismus zusammendenken
Bereits jetzt haben wir im Land nicht genügend Schwimmhallen, damit unsere
Kinder das sichere Schwimmen erlernen können.
Wir setzen uns dafür ein, dass Vereine und Initiativen, die zertifizierten
Schwimmunterricht anbieten, ausreichend finanzielle Unterstützung erhalten, um
die Nutzung von Schwimmbecken in Hotels und anderen touristischen Anlagen
finanzieren zu können. Dadurch steigern wir die Akzeptanz des Tourismus vor Ort
und ermöglichen den Inhaber*innen zusätzliche Einnahmen außerhalb der Saison.
Gute Arbeit braucht fairen Lohn
Wir fordern zudem eine schnellere und unkomplizierte Anerkennung ausländischer
Berufsabschlüsse, damit alle Arbeitnehmer*innen gemäß ihrer Qualifikationen
arbeiten und verdienen können. Kommunale- oder Landesfördermittel sollen nur
noch für Tourismusbetriebe genehmigt werden, deren Arbeitnehmer*innen tariftreu
entlohnt werden.
Nur ein klarer gesetzlicher Rahmen bringt unser Land voran!
Das in Arbeit befindliche Landestourismusgesetz ist nicht entlang unserer
bündnisgrünen touristischen Leitlinien entstanden. Das Resultat ist ein
Gesetzesvorschlag, der weder Nachhaltigkeit im Tourismus fördert noch klare
juristische Sicherheit bietet. Die Vorschläge der Städte und Gemeinden, des
Tourismusverbandes und der anderen beteiligten Tourismus-Akteure sind nicht
genügend aufgegriffen worden. Daher braucht es einen schnellen und entschiedenen
Neustart unter enger Beteiligung der Tourismusbranche
Wir fordern die Landesregierung auf, einen Neustart entlang unserer Leitlinien
zu starten. Nur so können alle Akteure auf Augenhöhe gemeinsam ein Gesetz
erarbeiten, dass unsere Natur schützt, unsere Wirtschaft stärkt und unsere
Regionen entwickelt.
Unterstützer*innen
- Cindy Wohlrab (KV Vorpommern-Rügen)
- Jutta Wegner (KV Mecklenburgische Seenplatte)
- Martin Kühl (KV Nordwestmecklenburg)
- Udo Tremmel (KV Vorpommern-Rügen)