Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz MV 24.05.2025 (Güstrow) |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Energie und Klima (dort beschlossen am: 23.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.04.2025, 23:35 |
V6: Keine Investitionen in neue fossile Infrastruktur - No more gas, no more oil, keep the carbon in the soil!
Antragstext
I. Die Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-
Vorpommern stellt fest:
- es gibt mehrere konkrete Vorhaben, neue fossile Infrastruktur in
Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen und in Betrieb zu nehmen – im Jahr 2025
– also nur 10 Jahre bevor eine vollständige Klimaneutralität in
Mecklenburg-Vorpommern nötig ist, damit wir unseren Anteil am Abkommen von
Paris einhalten können. Zum Beispiel:- wird im Hafen Rostock derzeit der Bau eines neuen LNG-Terminals
vorbereitet. Dieses wurde von einer Tochtergesellschaft des
russischen Gasunternehmens JSC Novatek zunächst als
„Schiffstankstelle“ geplant und bereits am 26. Oktober 2020
genehmigt. Seit dem 2. Februar 2024 ist jedoch auch der Neubau einer
Pipelineanbindung zur Einspeisung des Erdgases geplant. Da die
Genehmigung zum 31. Dezember 2028 ausläuft, verfolgt der Investor
das Vorhaben mit Hochdruck und plant eine Fertigstellung des
Leitungsanschlusses bereits bis Ende 2027. Die Kapazität des als
„Small Scale“ oder „Mid Scale“ Terminal bezeichneten Projekts
genügt, um 17% des deutschen LNG-Imports abzudecken (Vergleichsjahr
2023).1 - treiben die Investoren Equinor und VNG in Rostock das Projekt H2GE
voran, in dessen Rahmen importiertes Erdgas in Wasserstoff und CO2
aufgespalten werden soll. Das überschüssige CO2 soll abgeschieden
und auf Schiffe verladen werden, um mittels CCS vor der dänischen
Ostseeinsel Seeland oder vor der norwegischen Atlantikküste in
Meeresboden verpresst zu werden.2 Die Regierungsfraktionen von SPD
und LINKEN haben dafür im Juni 2024 den Weg im Landtag freigemacht.3 - setzt sich die Landesregierung aus SPD und LINKEN für ein neues
Gaskraftwerk am Standort Rostock ein.4 Die Koalitionsverhandlungen
im Bund haben zu dem Ergebnis geführt, dass nicht wie von der Ampel
geplant H2-ready-Kraftwerke gebaut werden, sondern ausschließlich
fossile Gaskraftwerke. Unabhängig davon, dass fossile Energieträger
nicht zukunftsfähig sind, muss der Ausbau von Reserve- und
Ersatzkraftwerken systemdienlich erfolgen, damit die Energiewende
möglichst kostengünstig für alle Bürger*innen erfolgen kann.
Expert*innen aus dem Umfeld der Netzregulierung vertreten jedoch die
Ansicht, dass ein solches zusätzliches Kraftwerk in Mecklenburg-
Vorpommern nicht für die Versorgungssicherheit erforderlich ist.
- wird im Hafen Rostock derzeit der Bau eines neuen LNG-Terminals
- jede weitere Investition in fossile Infrastrukturen manifestiert die
Verbrennung fossiler Energieträger und behindert damit den notwendigen
Umstieg auf 100% erneuerbare Energien.
II. Die Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-
Vorpommern bekräftigt die Beschlüsse zurückliegender
Landesdelegiertenkonferenzen:
Energiewende, Umwelt und Tourismus haben Vorrang vor Erdölförderung in
Mecklenburg-Vorpommern (15.03.2014)
Unterstützung der Korbacher Resolution durch den Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern – Kein Fracking (11.10.2014)
Divest now! Mecklenburg-Vorpommern muss raus aus den fossilen Energien –
Land, Kommunen und Versorgungswerke stecken Millionen in Kohle und Öl
(10./11.10.2015)
Fossile Energieträger im Boden lassen – Erdgaspipeline Nord Stream 2
begraben! (09.09.2017)
Länder und Kommunen bei der Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen nicht
weiter behindern (26.10.2019)
Das BÜNDNISGRÜNE 10-Punkte-Energie-Programm für Mecklenburg-Vorpommern
(24.09.2022)
Keine fossilen Überkapazitäten schaffen (22.04.2023)
Energiewende vorantreiben - Erneuerbare ausbauen! (22.04.2023)
III. Die Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-
Vorpommern beschließt:
- Alle Strukturen von Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-Vorpommern setzen
sich dafür ein, dass künftig keine Investitionen in neue fossile
Infrastrukturprojekte mehr erfolgen. Das Geld muss endlich für die Zukunft
ausgegeben werden und nicht länger für die Vergangenheit.
- Insbesondere die Flächen im Rostocker Hafen müssen klüger eingesetzt
werden als für neue fossile Kraftwerke oder die Umwandlung von fossilem
Erdgas in CO2 und H2.
Begründung
Obwohl die Erkenntnis, dass die Lebensgrundlage der Menschheit nur erhalten werden kann, wenn das weitere Voranschreiten der Klimakrise gestoppt wird und dafür die Abkehr von einer fossilen, treibhausgasemittierenden Energieversorgung zwingend erforderlich ist, inzwischen mehrere Jahrzehnte alt ist und spätestens seit dem globalen Erfolg der Fridays-for-Future-Demonstrationen im Jahr 2019 auch von der breiten Öffentlichkeit getragen wird, hat uns die fossile Energiekrise infolge des russischen Angriffskrieges 2022 weitestgehend unvorbereitet getroffen.
Insbesondere in Deutschland hatten die Regierungen bis zu diesem Zeitpunkt kaum Maßnahmen ergriffen, um eine 100 % klimaneutrale und unabhängige Energieversorgung politisch zu ermöglichen. Im Gegenteil wurden sogar nach dem Pariser Abkommen 2015 noch fossile Megaprojekte wie Nord Stream 2, das Kohlekraftwerk Datteln 4, die Erdgas-Bohrinsel vor Borkum und zahlreiche neue Autobahnen und Straßen umgesetzt.
Bedingt durch die in Mecklenburg-Vorpommern größtenteils verschleppte, wenn nicht gar vorsätzlich durch die Landesregierung sabotierte Energiewende, wird einer Renaissance der Fossilen in unserem Land der rote Teppich ausgerollt. So wird aktiv die Produktion von Wasserstoff aus fossilem Erdgas im Hafen Rostock durch die Landesregierung forciert und sogar durch einen Landtagsantrag der LINKEN im Landtag ermöglicht.
Zugleich unternehmen SPD und LINKE nichts gegen das derzeit mit Hochdruck durch mit Russland verquickte Investoren vorangetriebene zusätzliche LNG-Terminal im Hafen Rostock, das zudem Zukunftsbetriebe wie den Produzenten von Offshore-Windenergie-Fundamenten behindern würde – während das ebenfalls überflüssige Terminal in Mukran wegen fehlender Wirtschaftlichkeit zu 50 % zurückgebaut wurde.
Es sollte, statt auf die Vergangenheit zu setzen, besser in die Zukunft gestartet werden und Unternehmen wie das Offshore-Quartier der 50Hertz GmbH oder die Konverterplattformen des Neptun-Smulders-Joint Ventures gefördert werden.
Auf der anderen Seite soll der Hafen Rostock, der sich vollständig in der Hand des Landes und der Stadt Rostock befindet, wegen Platzmangels vergrößert werden, wofür ein wertvolles Küstenmoor abgebaggert und betoniert werden soll.
Auf Antrag der SPD beschloss die Regierungsmehrheit im Landtag im Januar 2025: „Wasserstofffähige Gaskraftwerke müssen gezielt auch an Standorten in Mecklenburg-Vorpommern mit überregionalen Anschlüssen an das Gasnetz errichtet werden können.“ Damit solle sich die Regierung „für die angemessene Berücksichtigung insbesondere der Ostländer bei der Errichtung der für die Energiewende notwendigen Ersatzkraftwerke einsetzen.“
Spätestens mit dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus SPD und CDU wird jedoch klar, dass die Reservekraftwerke künftig „nicht nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen“ eingesetzt werden sollen, sondern auch, um vermeintlich günstigeren, fossilen Strom ins Netz zu bringen – selbst dann, wenn eigentlich ausreichend erneuerbare Energien zur Verfügung stehen würden.
Gleichzeitig wurde der Plan, Kraftwerke H2-ready zu bauen, also so, dass sie zukünftig mit Wasserstoff betrieben werden können, verworfen und wieder auf fossiles Gas gesetzt. Das ist eine ebenso rückwärtsgewandte fossile Subvention wie die angekündigte Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung.
Die Ankündigungen von SPD und CDU gehen weit an der Realität und den Erfordernissen vorbei: Es braucht jetzt dringend Investitionen in Klimaschutz und Energieinfrastruktur – statt vager Zielsetzungen ohne konkrete Maßnahmen.
Das gilt auch für Mecklenburg-Vorpommern. Wir brauchen keine neuen fossilen Gaskraftwerke, die nicht wasserstofffähig sind, denn wir können mit Windkraft, Solarenergie, Geothermie, Elektrolyseuren und Kavernenspeichern deutlich mehr als unseren eigenen Energiebedarf decken – 100 % erneuerbar und klimaneutral, wenn wir nur endlich ins Handeln kommen und entschlossen in die Zukunft investieren.
Angesichts der unrühmlichen Rolle, die die SPD Mecklenburg-Vorpommern beim Bau der Nord-Stream-2-Pipeline gespielt hat, und der vermeintlichen Kehrtwende, die Manuela Schwesig bei diesem Thema vollzogen haben will, hätte man zudem erwarten können, dass sie der zuletzt diskutierten Reparatur und Inbetriebnahme der Pipelines durch US-Investoren eine klare Absage erteilt. Stattdessen lässt die Ministerpräsidentin lediglich verlautbaren: „Das ist Angelegenheit der Bundesregierung.“
In der heutigen Zeit muss die Antwort auf dieses und jedes neue fossile Infrastrukturprojekt jedoch lauten: „Das ist klimapolitisch nicht mit den Zielen der Pariser Klimakonferenz vereinbar. Die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist mit Neuinvestitionen in fossile Infrastruktur nicht zu erreichen. Die Inbetriebnahme weiterer Erdgaspipelines manifestiert die Verbrennung fossiler Energieträger für die kommenden 50 Jahre und behindert damit den notwendigen Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien.“
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist es notwendig, klar zu fordern: Keine Investitionen mehr in fossile Infrastruktur – wir müssen das Geld endlich für die Zukunft ausgeben und nicht länger für die Vergangenheit!
Unterstützer*innen
- Clemens Wloczka (KV Rostock)
- Solvej Reinfelder (KV Rostock)
- Antje Brandt (KV Ludwigslust-Parchim)
- Brigitte Kowalsky (KV Ludwigslust-Parchim)
- Barbara-Marie Mundt (KV Ludwigslust-Parchim)
- Klara Hansen (LV Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern)
- Falk Pollehne (KV Nordwestmecklenburg)
- Tommy Klein (KV Ludwigslust-Parchim)
- Judith Göbel (KV Ludwigslust-Parchim)
Änderungsanträge
- V6-Ä1 (Kreisverband Rostock (dort beschlossen am: 20.05.2025), Eingereicht)