Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz MV 24.05.2025 (Güstrow) |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Grüne Jugend Landesvorstand (dort beschlossen am: 14.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.04.2025, 22:17 |
V14: Für eine Politik, die junge Menschen in den Mittelpunkt stellt
Antragstext
Für eine Politik, die junge Menschen in den Mittelpunkt stellt
Gemeinsamer Antrag der Grünen Jugend MV und Constanze Oehlrich, MdL
977 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben an 13 Orten in Mecklenburg-
Vorpommern an der U18-Wahl teilgenommen. Dabei entfielen 34,89 % der Stimmen auf
die AfD, 19,01 % der Stimmen auf Die Linke, 14,81 % der Stimmen auf die SPD und
11,76 % auf die CDU. Unter die 5-Prozent-Hürde fielen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
(4,83 %), BSW (4,31 %), FDP (3,57%) und die Tierschutzpartei (2,84 %).
Die Ergebnisse der U18-Wahl sind, so der Landesjugendring, nicht repräsentativ,
zeigen aber Tendenzen auf. Dass sich Kinder und Jugendliche von der Politik
immer weniger gesehen und gehört fühlten, werde seit Jahren von zahlreichen
Studien und engagierten Akteuren in der Jugendpolitik belegt. Der
Landesjugendring M-V fordert deshalb eine wirksame jugendpolitische Strategie
auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Diese müsse die anhaltend hohe
Kinder- und Jugendarmut angehen, die unzureichende Finanzierung und Ausstattung
der Jugendarbeit und -hilfe beheben sowie langfristige Angebote der politischen
Bildung und Demokratiebildung schaffen.
In Mecklenburg-Vorpommern sind 345.000 Menschen von Armut betroffen. Fast ein
Fünftel aller Kinder lebt unterhalb der Armutsgrenze, das heißt, das Einkommen
ihrer Familien liegt bei unter 60 Prozent dessen, was anderen Familien
normalerweise zur Verfügung steht. Besonders erschreckend ist: Immer mehr Kinder
und Jugendliche sind von Ernährungsarmut betroffen.
Die Zahl gewaltbereiter Jugendlicher in organisierten Neonazi-Gruppen wie ‚Jung
und Stark‘ oder ‚Deutsche Jugend Voran‘ steigt nach einem Bericht von
Innenminister Christian Pegel deutlich an. Rekrutiert wird in den sozialen
Medien, aber zunehmend auch in den Fankurven der Fußballstadien oder in
Kampfsportvereinen. Schon jetzt zeichnet sich ab: Im Bereich der „Politisch
Motivierten Kriminalität - Rechts“ wächst der Anteil jugendlicher
Tatverdächtiger.
Nach den jüngst von der Beratungsstelle LOBBI M-V veröffentlichten Zahlen haben
rechtsextreme Gewalttaten bei uns im Land einen absoluten Höchststand erreicht.
Ein Drittel der von den Taten Betroffenen sind Kinder und Jugendliche. Nicht nur
die direkt von rechtsextremer Gewalt Betroffenen leiden unter dieser
Entwicklung. Viele Menschen fühlen sich zunehmend bedroht – auch in Situationen,
die unterhalb der Schwelle körperlicher Gewalt bleiben.
In einem gemeinsamen Positionspapier der Landesschülervertretungen der Ostländer
heißt es: „Rechtsextremismus ist ein aktuell steigendes Problem der
Gesellschaft, bei dem wir feststellen müssen, dass es keinen Halt vor den Toren
der Schulen macht. Völkische Narrative, antisemitische Verschwörungstheorien und
extremistisches Gedankengut treten auch im Raum Schule immer häufiger zu Tage
und treffen dabei auf eine Schulgemeinschaft, die personell, materiell und vom
Wissen her schlecht vorbereitet ist.“
Die Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern
beschließt:
Wir fordern die Landesregierung dazu auf, die Belange junger Menschen in den
Mittelpunkt ihrer Politik zu stellen.
1. Kein junger Mensch darf in unserem reichen Land von Armut bedroht sein. Denn
Armut von Kindern und Jugendlichen bedeutet immer auch Ausgrenzung,
Diskriminierung und schlechtere Bildungschancen. Jedes Kind, jede*r Jugendliche
verdient Unterstützung, denn Zukunftschancen dürfen nicht von der sozialen
Herkunft abhängen. Dabei reicht es nicht, auf die Einführung einer
Kindergrundsicherung durch den Bund zu hoffen. Vielmehr muss die Landesregierung
flächendeckend für eine gute soziale Infrastruktur hier bei uns im Land sorgen.
2. Die Landesregierung muss gemeinsam mit dem Bund, den anderen Bundesländern
und den Kommunen eine wirksame jugendpolitische Strategie erarbeiten und damit
die anhaltend hohe Kinder- und Jugendarmut angehen, die unzureichende
Finanzierung und Ausstattung der Jugendarbeit und -hilfe beheben sowie
langfristige Angebote der politischen Bildung und Demokratiebildung schaffen.
Wir fordern hierfür die Schaffung der Stelle einer*eines Kinder- und
Jugendbeauftragten, die die Aufgabe erhält, dies sicherzustellen.
3. Junge Menschen brauchen Beteiligungsmöglichkeiten auf allen politischen
Ebenen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt. Wir
fordern eine Absenkung des Wahlalters auch auf Bundesebene. Die rot-rote
Koalition hier bei uns im Land hat ein Kinder- und Jugendbeteiligungsgesetz
verabschiedet. Kinder und Jugendliche waren daran nicht beteiligt – und das
merkt man auch. Wir fordern die Regierungskoalition dazu auf, für
Nachbesserungen zu sorgen. Insbesondere sind die Beteiligungs- und
Mitwirkungsrechte von jungen Menschen verbindlich auszugestalten.
4. Junge Menschen haben ein Recht auf Schutz vor Gewalt. Wir fordern wirksame
Präventionsmaßnahmen, eine konsequente Strafverfolgung sowie Maßnahmen zur
Qualitätssicherung und zum Kinder- und Jugendschutz in allen gerichtlichen
Verfahren. Dazu gehören auch Aufklärung, Ausbildung, Fortbildung, Beratung und
Unterstützung von Kindern, Jugendlichen, Familien, Jurist*innen,
Mediziner*innen, Pädagog*innen und Polizist*innen.
5. Mehr als jeder zehnte junge Mensch in Deutschland hat noch nie von den
Begriffen Holocaust oder Schoah gehört. Das hat eine Umfrage im Auftrag der
Jewish Claims Conference ergeben. Aus Sicht des Landesschülerrats muss die
Institution Schule ein ausreichend großes Wissen über die Vergangenheit
sicherstellen. Erreicht werden könne das durch eine Stärkung des
Geschichtsunterrichts. Junge Menschen, die nicht den Umgang mit modernen
Informationsquellen erlernen, seien zudem dafür anfällig, sich über das Netz zu
radikalisieren und Grundprinzipien einer Demokratie zu hinterfragen. In der
Schule muss der Umgang mit diesen Medien vermittelt und gleichzeitig über die
Methoden der modernen Rechten aufgeklärt werden. Auch sollten die Fächer wie
Politik oder Sozialkunde ausgebaut und im Wahlpflichtbereich attraktiver gemacht
werden. Diese Forderungen machen wir uns ausdrücklich zu eigen. Da die
Konfrontation mit antidemokratischen Inhalten immer früher beginnt, braucht es
eine entsprechende Antwort in der Demokratiebildung. Sie sollte so früh wie
möglich beginnen, um den Einflüssen von sozialen Medien schon von Beginn an
etwas entgegensetzen zu können.
6. Demokratie darf kein abstrakter Begriff sein, sondern muss immer wieder im
eigenen Alltag erfahren und erprobt werden können. Eine demokratische Jugend
braucht politische Wirksamkeit, sowie Bildung, die als Querschnittsaufgaben in
Kitas, Schulen und Jugendhilfe konzeptionell und finanziell gestärkt werden
müssen. Wir fordern die Landesregierung dazu auf, dies sicherzustellen und
Demokratiebeteiligungsprojekte, Jugendverbände sowie Kulturangebote, besonders
im ländlichen Raum, zu fördern.
Unterstützer*innen
- Constanze Oehlrich (KV Schwerin)
- Weike Bandlow (KV Schwerin)
- Clemens Wloczka (KV Rostock)
- Ronja Tabea Thiede (KV Rostock)
- Jan Trunczik (KV Rostock)
- Carolin Roth (KV Rostock)
- Antje Brandt (KV Ludwigslust-Parchim)
- Julian Schröer (KV Rostock)
- Jutta Wegner (KV Mecklenburgische Seenplatte)
- Brigitte Kowalsky (KV Ludwigslust-Parchim)
- Klara Hansen (LV Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern)
- Emma Groß (KV Vorpommern-Greifswald)
- Luzie Stroschein (LV Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern)
- Henryk Henning (KV Vorpommern-Greifswald)
- Judith Wickham (LV Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern)
- Andreas Wegner (KV Mecklenburgische Seenplatte)
- Falk Pollehne (KV Nordwestmecklenburg)
- Nils Dümcke (KV Nordwestmecklenburg)
- Tommy Klein (KV Ludwigslust-Parchim)
- Judith Göbel (KV Ludwigslust-Parchim)