Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz MV 24.05.2025 (Güstrow) |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Landesfrauenrat (dort beschlossen am: 23.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.04.2025, 23:59 |
V16: Femizide benennen – Gewalt gegen Frauen sichtbar machen und bekämpfen
Antragstext
Täglich werden Frauen Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt – in Deutschland etwa
jeden zweiten Tag mit tödlichem Ausgang. Diese Tötungsdelikte sind keine
tragischen Einzelfälle, sondern Ausdruck struktureller patriarchaler
Gewaltverhältnisse. Der Begriff Feminizid benennt sie als das, was sie sind: die
extremste Form geschlechtsspezifischer Gewalt, oft verübt aus Besitzanspruch,
Kontrollzwang oder einem tief verankerten Frauenhass.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern ist dieses Problem allgegenwärtig. Femizide
geschehen nicht irgendwo, sondern hier – mitten unter uns. 2022 wurde in Parchim
eine 39-jährige Frau von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung getötet. 2021
erstach in Stralsund ein Mann seine getrennt lebende Partnerin auf offener
Straße. 2023 tötete ein ehemaliger Lebensgefährte in Neubrandenburg eine Frau
vor den Augen der gemeinsamen Kinder. Diese Fälle stehen stellvertretend für
viele weitere, die oft kaum mehr als eine Randnotiz in der Lokalpresse erhalten
– wenn überhaupt.
Trotz dieser Realität fehlt bislang eine klare politische und gesellschaftliche
Anerkennung von Femiziden als systemisches Problem.
Der Landesparteitag möge beschließen:
- Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-Vorpommern erkennen Femizide als
spezifische Form geschlechtsspezifischer Gewalt an und benennen sie
öffentlich als solche.
- Der Landesverband setzt sich auf Landes- und Bundesebene dafür ein, dass:
- Femizide klar definiert, statistisch erfasst und als eigene
Kategorie in der Kriminalitätsstatistik ausgewiesen werden, - bestehende Schutzmaßnahmen im Sinne der Istanbul Konvention für
gefährdete Personen deutlich ausgebaut und finanziell langfristig
abgesichert werden (z. B. Frauenhäuser, Gewaltschutzambulanzen,
niedrigschwellige Beratungsangebote), - eine umfassende, landesweite Aufklärungskampagne zu
geschlechtsspezifischer Gewalt und Femiziden konzipiert und
umgesetzt wird.
- Femizide klar definiert, statistisch erfasst und als eigene
- polizeiliche und juristische Fachkräfte regelmäßig zu
geschlechtsspezifischer Gewalt und Femiziden fortgebildet werden,
- polizeiliche und juristische Fachkräfte regelmäßig zu
Der Landesverband bringt das Thema Femizide verstärkt in die eigene
Öffentlichkeitsarbeit ein, etwa durch regelmäßige Gedenk- und Aktionstage (z. B.
am 25. November – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen) sowie
durch Bündnisse mit zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Begründung
Femizide sind nicht das Randphänomen einer eskalierenden Beziehung, sondern die Spitze eines Eisbergs tief verwurzelter Gewaltstrukturen gegen Frauen und queere Menschen. Dass in Deutschland alle zwei bis drei Tage eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet wird, ist ein unhaltbarer Zustand. Diese Gewalt ist oft vorhersehbar – und damit vermeidbar.
Der Mord an einer Frau in Parchim nach jahrelanger häuslicher Gewalt oder die Tat in Neubrandenburg trotz bestehender Kontaktverbote zeigen: Schutzmechanismen greifen häufig zu spät oder existieren nicht in ausreichender Form.
Bis heute fehlt in Deutschland eine umfassende rechtliche wie gesellschaftliche Anerkennung des Begriffs „Feminizid“. Das hat fatale Konsequenzen: Täter werden entlastet – durch Begriffe wie „Trennungsschmerz“ oder „Eifersucht“ – und die strukturellen Ursachen unsichtbar gemacht. Opfer bleiben oft namenlos.
Die Istanbul-Konvention, der Deutschland beigetreten ist, verpflichtet zu konkreten Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Auch Mecklenburg-Vorpommern trägt hier Verantwortung.
Unterstützer*innen
- Maria-Eileen Diehr (KV Vorpommern-Greifswald)
- Jan Trunczik (KV Rostock)
- Carolin Roth (KV Rostock)
- Philipp Lübbert (KV Ludwigslust-Parchim)
- Antje Brandt (KV Ludwigslust-Parchim)
- Brigitte Kowalsky (KV Ludwigslust-Parchim)
- Pamela Dorsch (KV Vorpommern-Rügen)
- Silvia Schlage (KV Rostock)
- Steffi Rühlemann (KV Rostock)
- Klara Hansen (LV Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern)
- Denis Wermuth (KV Vorpommern-Rügen)
- René Fuhrwerk (KV Nordwestmecklenburg)
- Tommy Klein (KV Ludwigslust-Parchim)
- Judith Göbel (KV Ludwigslust-Parchim)